Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG München vom 20.8.2019 - L 5 KR 403/19, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.06.2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch in der Berufung.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenerstattung für häusliche Krankenpflege (HKP) und die Freistellung von Kosten für häusliche Krankenpflege in einer ambulant betreuten Wohngruppe.
1. Die 1939 geborene Klägerin ist gesetzlich versichertes Mitglied bei der Beklagten und der Beigeladenen. Sie erteilte ihren Kindern mit notarieller Urkunde vom 06.08.2013 eine umfassende Vorsorgevollmacht.
Die Klägerin leidet u.a. Diabetes mellitus Typ 2 mit Nierenkomplikation, entgleist (ICD-10 E11.21G), chronischer Nierenkrankheit (ICD-10 N.18.1G), mittelgradigen depressiven Episoden (ICD-10 F32.1G), Hypothyreose (ICD-10 E03.9) sowie gesichert Hypercholesterinämie, Senilität und Morbus Parkinson (ICD-10 G.20). Sie erhält von der Beigeladenen Leistungen, seit dem 01.01.2017 aus dem Pflegegrad 4 (vgl. Pflegegutachten des MDK vom 21.03.2017) in Form von Sachleistungen bis zum Höchstbetrag, zudem den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI in Höhe von 125 € und den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI in Höhe von 214,00 €. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 22.10.2018 - 31.12.2018 wurde der Höchstbetrag der Pflegesachleistungen gemäß § 36 Abs. 3 Nr. 3 SGB XI um monatlich ca. 100 - 150 € überschritten.
Die Klägerin lebt seit dem 11.12.2016 in der nach dem Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz anerkannten ambulant betreuten Wohngemeinschaft II im "S." zusammen mit 11 weiteren Personen, welche nicht Familienangehörige der Klägerin sind. In dem selben Gebäude befindet sich eine weitere Wohngemeinschaft mit maximal 12 Bewohnern. Dem Aufenthalt in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft liegen ein Mietvertrag (a), ein Betreuungsvertrag (b), ein Pflegevertrag (c), eine Gremiumsvereinbarung (d) und eine Präsenzkraftvereinbarung (e) zugrunde.
(a) Mit der Firma W. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer F. W., schloss die Klägerin am 11.12.2016 einen Mietvertrag, der u.a. Regelungen zum Mietzins enthält; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 41 - 44 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen.
(b) Ebenfalls unter dem 11.12.2016 schlossen die unter (a) genannten Parteien einen Betreuungsvertrag; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 58 - 61 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
(c) Mit dem ambulanten Krankenpflegedienst K. W., vertreten durch D. N., schloss die Klägerin einen Vertrag über ambulante pflegerische Leistungen vom 11.12.2016; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 50 - 57 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
(d) Mit der Vereinbarung zum Bewohnergremium der Wohngemeinschaft II des "S." der W. GmbH vom 11.12.2016 (Bewohnergremiumsvereinbarung) regelten die Beteiligten das Verhältnis zwischen den Mietern, dem Vermieter dem Pflegedienst und dem Betreuungsdienst; wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 62 - 65 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
(e) Das Bewohnergremium der Wohngemeinschaft des S. und die W. GmbH haben am 13.11.2018 einen Vertrag über eine Präsenzkraftbestellung (Präsenzkraftbestellungsvereinbarung) geschlossen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 66 - 69 der erstinstanzlichen Gerichtsakte Bezug genommen.
2. Unter Vorlage einer ärztlichen Folgeverordnung der Praxis Dres. S. E. und K. M. vom 01.10.2018 beantragte der ambulante Krankenpflegedienst K. W. für die Klägerin häusliche Krankenpflege (HKP) in Form von
- Verabreichen von Medikamenten 7 x täglich/7 x wöchentlich
- Blutzuckermessung 3 x täglich/7 x wöchentlich und
- Injektionen 3 x täglich/7 x wöchentlich für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018.
Die ärztliche Verordnung nannte als Einschränkungen der Klägerin, die die HKP erforderlich machen, die jeweils gesicherten Diagnosen der Hypercholesterinämie, der Senilität sowie des Morbus Parkinson.
Mit Bescheid vom 16.10.2018 bewilligte die Beklagte HKP in Form von Injektionen 3 x täglich/7 x wöchentlich für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018. Das Verabreichen von Medikamenten 7 x täglich/7 x wöchentlich, sowie die Blutzuckermessung 3 x täglich/7 x wöchentlich wurde letztmalig von 01.10.2018 bis 21.10.2018 bewilligt. Hierbei handele es sich um einfachste Behandlungspflege im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die in einem Haushalt grundsätzlich von jedem Erwachsenen erbracht werden könne. Dies sei analog auch auf die Kräfte der Wohngemeinschaften anzuwenden, die für die psychosoziale Betreuung und Begleitung für die Bewohner der Wohngemeinschaft zuständig sind.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch mit dem Vortrag ein, sie sei mit der Durchführung von Behandlungspflege durch nicht geschulte Betreuungskräfte einer Wohngemeinschaft nicht einverstanden. Mit weiterem Bescheid vom 08.11.2018 lehnte...