nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 15.10.1998; Aktenzeichen S 5 AL 775/97) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 15. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Feststellung der Arbeitserlaubnisfreiheit des Klägers als Fernfahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Bereits vor dem 30.09.1996 war er bei der türkischen Fa. E ... mit Sitz in der Türkei als Fahrer im grenzüberschreitenden Güterverkehr zwischen der Türkei und Deutschland beschäftigt. Für den Transport wurden in Deutschland auf die Fa. K ... Internationale Transporte, Hof, zugelassene LKWs benutzt. Die Beklagte erteilte dem Kläger bis zum 30.04.1997 eine Arbeitserlaubnis (AE).
Seinen Antrag auf Erteilung einer AE ab dem 01.05.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.06.1997 unter Hinweis auf den Wegfall der Arbeitserlaubnisfreiheit nach der ab 10.10.1996 geltenden Neuregelung des § 9 Nr 2 der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) ab.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12.09.1997).
Dagegen hat der Kläger am 18.09.1997 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass er im grenzüberschreitenden Verkehr keiner Arbeitserlaubnis bedürfe.
Mit Urteil vom 15.10.1998 hat das SG diesem Antrag entsprochen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, auch nach Inkrafttreten des § 9 Nr 2 AEVO in der ab dem 10.10.1996 geltenden Fassung läge eine zeitlich unbefristete Befreiung von der Arbeitserlaubnispflicht vor, da der Kläger bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung zu seinem türkischen Arbeitgeber in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe und im grenzüberschreitenden Güterverkehr tätig gewesen sei. Die Neuregelung der Arbeitserlaubnisverordnung enthalte keine Übergangsregelung. Eine solche sei aber nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erforderlich. Die Neufassung des § 9 Nr 2 AEVO könne daher unter Berücksichtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur auf Arbeitsverhältnisse angewendet werden, die nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung am 10.10.1996 abgeschlossen worden seien. Diese Rechtslage habe sich weder durch das am 01.01.1998 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) geändert, noch verstoße die Tätigkeit des Klägers gegen güterkraftverkehrsrechtliche Regelungen sowie bilaterale Abkommen für den grenzüberschreitenden Straßen-/Güterfernverkehr. Die Beklagte habe solche Hindernisse selbst nicht angenommen, da sie bislang den Einsatz von ausländischen Fahrern im Rahmen von sog Agenturverträgen auf deutschen Fahrzeugen für gesetzeskonform erachtet habe.
Gegen das ihr am 20.11.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.12.1998 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt.
Sie trägt vor, die Einschränkung der Erlaubnisfreiheit für die Tätigkeit von LKW-Fahrten im grenzüberschreitenden Verkehr sei auch ohne Übergangsregelung möglich. Ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot könne allenfalls von Fuhrunternehmern behauptet werden. Eine Einschränkung von deren Rechten müsse angesichts der seit 10.10.1996, also schon vor langer Zeit eingeführten Rechtsänderung inzwischen hingenommen werden. Sie betreffe den Kläger gar nicht. Er könne aber auch aus den zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei geschlossenen Vereinbarungen besondere Rechte nicht herleiten. Das entsprechende Assoziierungsabkommen und hierauf beruhende Beschlüsse beträfen den Kläger nicht. Denn er habe, was Voraussetzung für seine besondere Berechtigung als türkischer Staatsangehöriger im Rahmen des Arbeitserlaubnisrechts gegenüber sonstigen Ausländern sei, in Deutschland keinen Wohnsitz. Deshalb könnten für ihn Sonderrechte gar nicht entstanden sein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 15.10.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zum weiteren Sachverhalt wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des SG und des BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Die Beklagte ist durch das Urteil des SG beschwert.
Die Berufung ist nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage bejaht (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Für die die Zukunft betreffende Klage ist ein Feststellungsinteresse gegeben. Das hat das BSG in einem insofern vergleichbaren Fall schon festgestellt (BSG SozR 3-4210 § 9 Nr 1). Zwischen den Beteiligten ist die Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen, nämlich von Normen des Arbeitserlaubnis-/Genehmigungsrechts, auf einen konkreten Sachverhalt streitig. Der Kläger kann sein Klageziel nicht mit Hilfe einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen.
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