Entscheidungsstichwort (Thema)
Schädigungsfolgen. MdE. Funktionsstörung des Beins. Orthese. Gangbild. Gehhilfe
Leitsatz (redaktionell)
Eine Gebrauchsminderung des Beins, die dem Zustand nach einer mit einer Oberschenkelprothese zu versorgenden Oberschenkelamputation entspricht (hier: stabiles Gangbild ohne Notwendigkeit einer Gehhilfe), rechtfertigt nicht die Zuerkennung der nach § 30 Abs. 1 BVG maximalen MdE für ein Bein von 80 %.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 1-2
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1943 geborene Kläger ist schwerkriegsbeschädigt im Sinne von § 31 Abs.3 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Der Kläger begehrt mit Wirkung ab 01.08.1996 höhere Rentenleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 90 v.H. gemäß § 30 Abs.1 und 2 BVG.
Mit Bescheid über die Neufeststellung der Versorgungsbezüge nach dem BVG des Versorgungsamtes L. vom 26.09.1978 sind u.a. die bei dem Kläger bestehenden Schädigungsfolgen wie folgt neu festgestellt worden: "Mehrfache Narbenbildung am Oberschenkel und Kniegelenksbereich links nach knöchern fest unter Deformierung verheiltem Bombensplitterschussbruch des Oberschenkels bzw. operativer Stellungskorrektur mit Versteifung des Kniegelenkes in leichter Beugestellung und o-förmiger Verbiegung mit leichter Innendrehung des Unterschenkels; versteifte Spitzfußstellung mit Gefühlsstörungen des Fußes, praktische Unbeweglichkeit der Zehen nach hochgradiger Wadenbeinnervenschädigung, Beinverkürzung von 24 cm und erheblichem Muskelschwund des Beines." Die MdE ist mit Wirkung ab 01.02.1972 gemäß § 30 Abs.1 BVG mit 70 v.H. bewertet worden. Die mit dem vorstehend bezeichneten Bescheid ausgesprochene Herabsetzung der MdE von 80 v.H. auf 70 v.H. wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 30 Abs.2 BVG ist nach Maßgabe des vor der 9. Kammer des Sozialgerichts Landshut geschlossenen Vergleichs vom 25.11.1981 wieder korrigiert worden (vgl. Ausführungs-Bescheid des Versorgungsamtes L. vom 17.12.1981).
Der Kläger hat mit Neufeststellungsantrag vom 07.08.1996 geltend gemacht, dass sich die Schädigungsfolgen im Bereich des linken Beines verschlechtert hätten. Darüber hinaus habe sich eine Schädigung der LWS und der HWS als sogenannter Folgeschaden eingestellt. Dr. M. hat mit versorgungsärztlich-chirurgischer Stellungnahme vom 03.02.1997 darauf hingewiesen, dass zwar die Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes im Vergleich zu dem Vorgutachten schädigungsbedingt abgenommen habe. Hierdurch ändere sich jedoch nichts an der MdE-Bewertung. Die Funktionsstörung im Bereich des linken Beines könne den vollständigen Verlust eines Beines oder auch der völligen Gebrauchsunfähigkeit nicht gleichgesetzt werden. Der Kläger sei mit einer Spezialprothese gut mobilisiert, sodass die nach § 30 Abs.1 BVG maximale MdE für ein Bein von 80 v.H. nicht erreicht werde. Die Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes sei als weitere Schädigungsfolge anzuerkennen. Mittelbare Schädigungsfolgen im Bereich der LWS und der HWS seien jedoch nicht anzuerkennen. Die "medizinische" MdE betrage unverändert 70 v.H.
Dementsprechend hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. vom 04.03.1997 die Schädigungsfolgen ergänzt ("Bewegungseinschränkung des linken Hüftgelenkes"). Folgeschäden an der Wirbelsäule sind jedoch nicht anerkannt worden. Die MdE ist wie bisher gemäß § 30 Abs.1 und 2 BVG mit 80 v.H. festgestellt worden.
Der Widerspruch vom 25.03.1997 ist mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 01.07.1997 zurückgewiesen worden. Eine völlige Gebrauchsunfähigkeit des linken Beines, welche eine (medizinische) MdE von 80 v.H. bedingen würde, liege nicht vor. Die Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule könnten nicht auf die Schädigungsfolgen zurückgeführt werden, da eine fixierte Fehlhaltung der Wirbelsäule nicht vorliege.
In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat das Sozialgericht Landshut nach Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen mit Beweisanordnung vom 17.02.2003 Dr. D. gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Dr. D. hat mit fachorthopädischem Gutachten vom 12.03.2003 zusammenfassend festgestellt, dass sowohl die Beschwerden an der linken Hüfte als auch die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule mit den Schädigungsfolgen nicht in Zusammenhang zu bringen seien, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Der nach § 109 SGG benannte und beauftragte ärztliche Sachverständige Dr. H. hat mit orthopädischem Sachverständigengutachten vom 13.07.2004 dagegen die Auffassung vertreten, dass die schädigungsbedingte medizinische MdE unter Berücksichtigung der Funktionsstörungen im Bereich der linken Hüfte und der Wirbelsäule a...