Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. innerer Zusammenhang. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Betriebsbann. betriebliche Gefahr. besondere Betriebsgefahr
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles, wenn ein Arbeitnehmer auf dem Rückweg vom Bierkauf innerhalb der Betriebsstätte von einem Gabelstaplerfahrer aufgrund rücksichtsloser Fahrweise schwer verletzt wurde (Abweichung von BSG vom 31.8.1983 - 2 RU 31/82 = SozR 2200 Nr.63).
2. Ein sogenannter Betriebsbann, nach dem der Versicherungsschutz im Fall der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren auch auf Unfälle bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten erstreckt wird, ist nur in Einzelfällen - wie z. B. in der Seeunfallversicherung und Binnenschiffahrt - vorgesehen. In der allgemeinen Unfallversicherung ist hierfür mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen kein Raum.
3. Maßgebend für den Versicherungsschutz ist nicht, ob betriebliche Gefahren beim Unfall mitgewirkt haben, sondern ob der Unfall bei der versicherten Tätigkeit, also während einer Verrichtung geschah, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand. Diese einschränkenden Grundsätze gelten allerdings nicht, wenn eine besondere Betriebsgefahr auf den mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit befaßten Versicherten im räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes (z. B. Explosion in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes während eines privaten Telefongesprächs) einwirkt, ohne daß diese private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die zum Unfall führende Betriebsgefahr beigetragen hatte.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Unfall des Klägers zu 1) am 30. 04. 1993 als Arbeitsunfall zu entschädigen und ob die Klägerin zu 2) einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus Anlaß der wegen des vorgenannten Unfalls erbrachten Leistungen hat.
Der am 06. 01. 1947 geborene Kläger zu 1) E. F (F.), der seit September 1968 als Dreher im Mitgliedsbetrieb der Beklagten GmbH (F) beschäftigt war, hat am 30. 04. 1993 auf der Betriebsstätte um 18.40 Uhr einen Unfall erlitten, als er von einem Gabelstapler erfaßt wurde. Seither leidet er an den Folgen eines schweren Schädelhirntraumas und kann infolge dessen auch zum Unfallhergang keine Angaben mehr machen. Am Unfalltag hatte der Kläger Schicht von 14.00 Uhr bis 21.30 Uhr. Üblicherweise wird zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr eine Pause eingelegt. Die Arbeit verrichtete der Kläger in der Halle 24, der Unfall ereignete sich im Ausgangsbereich der Halle 13, in der sich auch mehrere Getränkeautomaten befinden. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen ergab sich, daß sich der Kläger unmittelbar vor dem Unfall mit dem Mitarbeiter Egon F unterhalten habe, den der Kläger das erste Mal gegen 15.00 Uhr aufgesucht hatte, um sich kurz darauf aus dem Bierautomat eine Flasche Bier herauszunehmen. Dasselbe wiederholte sich zwei Stunden später. Der Unfall ereignete sich, als der Kläger ein drittes Mal zum Automat gegangen war. Einige Zeit zuvor ist nach der Zeugenaussage des E. F der Kläger von diesem daraufhin angesprochen worden, ob er eine Handfettpresse habe, die der Zeuge benötigte. Der Kläger habe ihm zugesagt, nach einer Fettpresse Umschau zu halten.
Die Beklagte ermittelte auf die Unternehmeranzeige vom 03. 05. 1993 hin zunächst durch die Einholung von schriftlichen Auskünften des Mitgliedsbetriebs vom 06. 09./30. 09. 1993, Beiziehung der einschlägigen Unterlagen der Kriminalpolizei sowie verschiedener medizinischer Unterlagen. Nach den beigezogenen Akten der Kriminalpolizeiinspektion A erfolgten am 01.05. 1993 orientierende Befragungen und eine Besichtigung des Unglücksorts im Mitgliedsbetrieb. Einzeln befragt wurde der Betriebssanitäter Manfred G, der ein Gespräch unmittelbar nach dem Unglück mit dem Staplerfahrer Gerhard M wiedergab. Ferner wurde der Pförtner Andreas H und der Einrichter Egon F befragt. Von der Kripo war auch eine Zeugeneinvernahme des Vorgesetzten des F. Anton G durchgeführt worden, wonach Alkoholprobleme beim Kläger bekannt waren. Vier bis fünf leere Bierflaschen seien auch am Unglückstag am Arbeitsplatz des Verletzten herumgestanden. Die Beschuldigtenvernehmung des Staplerfahrers G. M erfolgte am 01. 05. 1993. Die Beklagte ließ E. F auch durch den Berufshelfer anläßlich eines Hausbesuches befragen.
Mit Bescheid vom 13. 01. 1994 hat die Beklagte sodann im Hinblick auf das Gesamtergebnis des Verfahrens die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlaß des Unfalls abgelehnt: Der Unfall habe sich außerhalb der offiziellen Arbeitspause ereignet, das Besorgen der Flasche Bier sei eigenwirtschaftlich gewesen. Betriebliche Umstände hätten dies nicht erfordert.
Das Regreßschreiben der Beklagten vom 31. 01. 1994 hat die Klägerin zu 2) zurückgewiesen und zugleich mit Schreiben vom 08. 02. 1994 einen Ersatzanspruch nach §§ 105, 112 Sozialgesetzbuch X, § 26 SGB IV angemeldet.
Der Kl...