Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsorientierte Grundsicherung bei Erwerbsminderung. abweichende Bemessung des Regelbedarfs bei anderweitiger Bedarfsdeckung. kostenloses Mittagessen in WfbM. Einkommenseinsatz. an den volljährigen Antragsberechtigten nach § 1 GSiG weitergeleitetes Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei Antragsberechtigten nach § 1 GSiG ist ein kostenlos zur Verfügung gestelltes Mittagessen in einer WfbM nicht als Einkommen anzurechnen.

2. Bei § 3 Abs 1 Nr 1 GSiG ist eine abweichende Feststellung des Regelsatzes nach § 22 Abs 1 S 2 BSHG zulässig.

3. Kindergeld ist als Einkommen des volljährigen, im Haushalt mit dem Kindergeldberechtigten wohnenden Antragsberechtigten nach § 1 GSiG anzurechnen, wenn es an den Antragsberechtigten weitergeleitet wird.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 7. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Frage der Bewilligung höherer Grundsicherungsleistungen nach dem Gesetz über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - GSiG - (insbesondere ohne Anrechnung des Kindergeldes) für den Zeitraum vom 01.07.2004-31.12.2004 streitig.

Die 1980 geborene Klägerin ist schwerbehindert (GdB 80, Merkzeichen "B" und "G") und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen in A-Stadt. Sie wird durch ihre Mutter A. als Betreuerin gesetzlich vertreten. Ab 01.01.2003 gewährte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG - Bescheide vom 02.01.2003, vom 09.03.2003, vom 17.06.2003, vom 24.09.2003, vom 11.12.2003, vom 06.02.2004). Dabei wurde das monatliche Kindergeld in Höhe von 154 € der Klägerin als deren Einkommen angerechnet. Als Einkommen der Klägerin war das Kindergeld von der Betreuerin auch in dem Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen vom 08.11.2002 angegeben.

Mit Bescheid vom 24.06.2004 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2004 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 272,38 €. Der Betrag errechnete sich wie folgt: Regelbedarf 230 €, zuzüglich Erhöhung 43,05 €, zuzüglich Mehrbedarf 46,00 €, Kosten der Unterkunft von 194,55 € plus Heizkosten von 21,75 €, insgesamt 535,35 €. Demgegenüber wurde ein Einkommen in Höhe von 389,40 € angenommen. Dieses setzte sich zusammen aus Kindergeld 154 €, Einkünften aus Erwerbstätigkeit 208,40 €, abzüglich eines Freibetrags für Erwerbstätigkeit und Arbeitsmittel in Höhe 126,43€, Anrechnung Mittagessen WfbM 27 €. Die Leistung machte damit 272,38 € aus.

Gegen den Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 24.06.2004 erhob die Mutter der Klägerin am 12.07.2004 Widerspruch. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auf ein anhängiges Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Az.: 12 BV 03.2219) aus, das Kindergeld erhalte nicht der Grundsicherungsberechtigte, sondern dessen Eltern und beantragte das Ruhen des Verfahrens.

Mit Bescheid vom 02.08.2004 berechnete der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2004 bis 31.12.2004 wegen einer Änderung bei den Unterkunftskosten neu in Höhe von monatlich 273,88 €, wobei als Einkommen der Klägerin wiederum das Erwerbseinkommen aus der WfbM, das Mittagessen in der WfbM und das Kindergeld angerechnet wurden (Gesamtbedarf: 536,85 €, Einkommen unverändert 389,40 € abzüglich Freibeträgen 126,43 €, damit Leistung monatlich 273,88 €).

Mit weiterem Bescheid vom 28.12.2004 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit vom 01.01.2005-30.06.2005 in Höhe von monatlich 346,28 €. Auf den Grundsicherungsbedarf von 601,21 € rechnete der Beklagte das Kindergeld der Klägerin und deren Werkstatteinkommen bedarfsmindernd an. Gegen den Bescheid vom 28.12.2004 erhob die Klägerin keinen Widerspruch.

Mit Schreiben vom 13.06.2005 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass nach dem nunmehr rechtskräftigem Urteil des Bayer. VGH vom 09.02.2004 (Zurückweisung der Nichtzulassung der Revision mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2004) das Kindergeld nicht als Einkommen des Kindes, sondern des Kindergeldberechtigten anzusehen sei, es sei denn, dass die Auszahlung des Kindergeldes direkt an das Kind erfolge oder das Kindergeld dem Kind ausdrücklich zugewandt werde. Gleichzeitig bat der Beklagte um Aufklärung hinsichtlich der tatsächlich an den Vermieter gezahlten Kosten der Unterkunft, nachdem die Mutter der Klägerin telefonisch am 13.06.2005 von einer Mietminderung berichtet hatte.

Am 17.06.2005 teilte die Mutter der Klägerin mit, dass ihre Tochter das Kindergeld seit ihrer Geburt erhalte. Ihre Tochter verfüge über kein eigenes Konto. Auf weitere Nachfrage des Beklagten teilte sie am 29.06.2005 mit, es werde nichts vom Kindergeld einbehalten, dies gehöre ihrer Tochter. Am 05.07.2005 übersandte die Betreuerin der Klägerin eine form...

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