Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletztenrente. Arbeitsunfall. Unfallfolge. Ursächlicher Zusammenhang. Posttraumatische Belastungsstörung. Depression. Somatoforme Schmerzstörung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Entstehung eines prosttraumatischen Belastungssyndroms nach Arbeitsunfall im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB VII (hier: Detonation eines Aluminiumsfasses und Wegschleudern des Versicherten über ca. 8 bis 10 m).
Normenkette
SGB VII § 56; SGB X § 48; SGG § 109
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2008, abgeändert durch das angenommene Teilanerkenntnis vom 24.05.2011, wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund des Arbeitsunfalls vom 13.09.1990 aufgrund einer Leidensverschlimmerung.
Der 1956 geborene Kläger, zum Unfallzeitpunkt Installateur bei der B. AG, B-Stadt, erlitt am 13.09.1990 einen Arbeitsunfall, als er ein Aluminiumfass im Feien reinigte, dieses detonierte und er dabei ca. 8 bis 10 m durch die Luft geschleudert wurde.
Dr.S., Durchgangsarzt, diagnostizierte eine schwere Schädelkontusion mit Verdacht auf Commotio cerebri, eine Kontusion des linken Ellenbogengelenks sowie des rechten Kniegelenks mit Schürfwunden und einen partiellen Hörverlust beidseits. Es habe kurzzeitige Bewusstlosigkeit bestanden.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte Gutachten des Prof.Dr.G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 09.09.1994 und des Dr.S., Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 22.09.1994 ein.
Prof.Dr.G. führte aus, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen mit wechselnd ausgeprägten Kopfschmerzen, Störungen der Merkfähigkeit und der Konzentration, gelegentliche Schwindelerscheinungen, eine erhöhte Reizbarkeit und ein Kloßgefühl seien Folgen einer depressiven Anpassungsstörung, die als unfallunabhängig zu werten sei.
Dr.S. legte dar, die durch den Unfall verursachten gelegentlichen Ohrgeräusche beidseits sowie die Lärmempfindlichkeit bedingten eine MdE von weniger als 10 v.H.
Darauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.10.1994 die Gewährung einer Rente ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.1994 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG).
Das SG holte Gutachten der Prof.Dr.Sch., Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, vom 20.10.1996, des Dr.W., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 26.01.1998/16.04.1998 sowie auf Antrag des Klägers ein Gutachten des Dr.V., Facharzt für Psychiatrie, vom 06.05.1997 ein. Die Beklagte legte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof.Dr.G. vom 23.02.1998 vor.
Prof.Dr.Sch. führte aus, der Tinnitus sei nicht Folge der Explosion, sondern allenfalls Folge des Schädeltraumas, so dass die Einholung eines neurologischen Gutachtens erforderlich sei.
Dr.W. führte aus, Folge des Unfalls sei eine posttraumatische Belastungsstörung. Tinnitus und Depression seien Teil der posttraumatischen Belastungsstörung. Die MdE sei innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Unfallereignis mit 40 v.H. einzuschätzen. Ab diesem Zeitpunkt sei von einer MdE von 30 v.H. auszugehen.
Dr.V. legte dar, der Unfall habe zu einer chronischen Depression geführt. Schmerzen und Befindungsstörungen, eine dauernd geschmälerte Lebensfreude und depressionsbedingte Einschränkungen der Lern- und Merkfähigkeit seien Unfallfolgen und bedingten eine MdE von 40 v.H.
Prof.Dr.G. hielt dem entgegen, dass die anhaltenden psychischen Störungen der Persönlichkeitsstruktur des Klägers zuzurechnen seien.
Mit Urteil vom 23.06.1998 änderte das SG den Bescheid vom 13.10.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.1994 dahin ab, dass als weitere Folge des Unfalls vom 13.09.1990 eine "posttraumatische Belastungsstörung" mit auf den Unfall bezogenen Angstträumen, Schlafstörungen, subjektiven Schwindelbeschwerden mit Ohrgeräuschen, Druckgefühl in beiden Ohren und Lärmempfindlichkeit anerkannt und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab März 1994 gewährt wurde.
Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Nach Anhörung des Dr.W. und des Prof.Dr.G. in der mündlichen Verhandlung schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach beim Kläger eine unfallbedingte MdE für die Dauer vom 22.10.1990 bis 21.10.1992 in Höhe von 30 v.H., für die Dauer vom 22.10.1992 bis 21.10.1996 in Höhe von 20 v.H. bestehe und ab diesem Zeitpunkt auf weniger als 20 v.H. abgesunken sei.
Mit Ausführungsbescheid vom 21.12.1999 erkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls vom 13.09.1999 eine "vorübergehende posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" an. Dem dagegen eingelegten Widerspruch half sie mit Bescheid vom 29.12.1990 insoweit ab, als die Unfallfolge nunmehr als "posttraumatische Belastungsstörung nach Explosion" bezeichnet worden ist.
Mit Neufeststellungsantrag vom 21.01.2002 machte der Kläger ...