Verfahrensgang
SG München (Urteil vom 09.10.1962) |
Tenor
1) Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. Oktober 1962 wird zurückgewiesen.
2) Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der beigeladene …, geboren …, 1941, der früher den Beruf eines kaufmännischen Angestellten ausgeübt hatte, war beim Kläger … ab 1. Juni 1961 als sogenannter Altlehrling beschäftigt gewesen. Nach dem schriftlichen Ausbildungsvertrag für Altlehrlinge im Handwerk vom 2. Juni 1961, der vom Kläger, dem beigeladenen … und seinem gesetzlichen Vertreter unterschrieben und in die Lehrlingsrolle bei der Handwerkskammer in München eingetragen worden ist, diente die Ausbildung des Beigeladenen in der Zeit vom 1. Juni 1961 bis 31. Mai 1963 der Ausbildung als Maurer. Nach dem Vertrag konnte das Ausbildungsverhältnis nach einer 3-monatigen Probezeit ohne Einhaltung einer Frist nur gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Kündigung war nicht mehr zulässig, wenn die zugrundeliegenden Tatsachen, die zur Kündigung berechtigt eng länger als zwei Wochen bekannt waren. Nach § 5 des Vertrages erhielt der Altlehrling im ersten Ausbildungsjahr die Vergütung eines Bauhilfsarbeiters, in der weiteren Zeit die Vergütung eines Bauhelfers.
Im Januar 1962 beantragte der Kläger Schlechtwettergeld (SWG) für witterungsbeddingte Arbeitsausfälle im Dezember 1961 unter anderem auch für den beigeladenen … in Höhe von 8,05 DM. Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 15. Januar 1962 die Zahlung mit dem Hinweis ab, daß der Altlehrling … bis 31. Mai 1962 nicht in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden sei.
Nach Zurückweisung des Widerspruches mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1962 erhob der Kläger Klage. Er vertrat die Ansichtig daß Altlehrlinge des Bayerischen Baugewerbes während ihrer Ausbildung arbeitslosenversicherungspflichtig seien. Das Ausbildungsverhältnis dieser Altlehrlinge sei dadurch gekennzeichnet, daß es nicht ausschließlich oder hauptsächlich der Ausbildung diene. Diese Lehrlinge seien vielmehr gewöhnliche Arbeiter in der Umschulung, denen nicht die tarifvertraglich festgesetzte Ausbildungsbeihilfe, sondern ein Stundenlohn bezahlt werde. Im Rahmen des § 2 Ziffer 5 des allgemein verbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 6. Juli 1956/12. November 1960 bestehe für diese Umschüler die Möglichkeit, das Ausbildungsverhältnis während des Winters bei ungünstiger Witterung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu losen. Auch das Bayerische Staatsminsterium für Arbeit und soziale Fürsorge habe bereits in einer Entschliessung vom 19. Januar 1949 die Ansieht vertreten, daß „Umschüler” den Lehrlingen und Anlehrlingen im Sinne des § 74 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVATG) alter Fassung nicht gleichzustellen und daher arbeitslosenversicherungspflichtig seien. In einer weiteren Entschließung vom 20. April 1949 habe es auch anerkannte daß Altlehrlinge im Bayerischen Baugewerbe arbeitslosenversicherungspflichtig seien.
Durch Urteil vom 9. Oktober 1962 wies das Sozialgericht München die Klage ab und ließ die Berufung zu. In. den Gründen führte die Kammer im wesentlichen aus, daß die Beschäftigung des Beigeladenen versicherungsfrei gewesen sei; denn nach § 63 AVAVG neuer Fassung sei versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung eine Beschäftigung zur Ausbildung aufgrund schriftlichen Lehrvertrages von mindest 2-jähriger Dauer ohne Rücksicht auf die Höhe der Vergütung, wenn der Lehrvertrag nur aus einem wichtigen Grunde gelöst werden könne und die Beschäftigung nicht vor Ablauf von zwei Jahren ende. Diese Voraussetzungen haben beim Beigeladenen vorgelegen. Er habe die Ausbildung am 1. Juni 1961 aufgenommen mit einer vertraglichen Ausbildungszeit von zwei Jahren. Maßgebend für die Beurteilung, ob es sich dabei um eine Beschäftigung zur Ausbildung gehandelt habe, sei der wirkliche Inhalt des Vertrages. Es fehlten Anhaltspunkte dafür, daß der schriftliche Lehrvertrag nur zum Scheine abgeschlossen worden sei. Selbst wenn die Umschülereigenschaft des Beigeladenen bejaht wurde, könnte dies an der Entscheidung nichts ändern, weil der schriftliche Ausbildungsvertrag die wesentlichen Merkmale eines Lehrvertrages nach § 63 Absatz 1 und 2 AVAVG neuer Fassung enthalte.
Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung ein. Er wiederholte seine Ansicht, daß es sich bei dem Beigeladenen um einen Umschüler gehandelt habe, dessen Vertrag nicht nur unter den für Lehrlingen geltenden Voraussetzungen habe gelöst werden können. Der Kläger legte Formulare über Ausbildungsverträge für Altlehrlinge der Handwerkskammer Oberpfalz-Regensburg, Mittelfranken-Nürnberg, Oberfranken-Bayreuth, Unterfranken-Würzburg und Schwaben-Augsburg vor, in denen in § 1 bestimmt ist, daß nach Ablauf der 3-monatigen Probezeit das Ausbildungsverhältnis aus wichtigem Grunde gelöst werden könne, in Absatz 2 zusätzlich aber festgelegt ist...