Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 25. September 2006 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2004 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Tinnitus als weitere Folge des Unfallereignisses vom 30. Oktober 2002 anzuerkennen und dem Kläger Verletztenrente zu gewähren ist.

Der 1951 geborene Kläger war Lkw-Fahrer. Beim Abladen war ihm am 30. Oktober 2002 ein ca. 9 kg schweres Kantholz auf den Kopf gefallen. Der Durchgangsarzt Dr. W. diagnostizierte eine Schädelprellung mit Verdacht auf Commotio cerebri sowie eine oberflächliche Schürfung. Eine stationäre Beobachtung blieb unauffällig. Am 5. November 2002 klagte der Kläger über zunehmende Schmerzen zwischen den Schulterblättern, ein Schwindelgefühl sowie über das Auftreten eines hellen Pfeiftons in beiden Ohren. Eine Kernspintomographie des Schädels und der Halswirbelsäule (HWS) vom 7. November 2002 ergaben einen Normbefund des Neurocraniums sowie eine Streckfehlhaltung mit osteodegenerativen Veränderungen bei C4 bis C7 mit mediolateral rechtsseitiger Retrospondylose C5 bis C7. Der HNO-Arzt Dr. H. stellte am 12. November 2002 einen Tinnitus aurium, eine Innenohrschwerhörigkeit beidseits sowie einen Zustand nach traumatischem Anpralltrauma fest. Dr. W. bescheinigte am 17. Januar 2003 erneute Arbeitsunfähigkeit ab 16. Januar 2003 aufgrund eines verbliebenen Tinnitus mit erheblichen Durchschlafstörungen.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. G. vom 3. April 2003 ein, wonach es durch den Unfall zu einer Verstauchung der HWS gekommen sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis 8. Dezember 2002 bestanden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage ab 9. Dezember 2002 unter 10 v.H.

Der als Gutachter gehörte HNO-Arzt Dr. O. wies darauf hin, dass Traumen der HWS als mögliche Auslöser eines Tinnitus in Betracht kämen. Der vertebragene Tinnitus nach Verstauchung der HWS sei als Unfallfolge anzusehen. Die MdE betrage 10 v.H. Der beratende Arzt Dr. G. konnte sich in einer Stellungnahme nach Aktenlage vom 6. Juni 2003 für die Beklagte dieser Einschätzung nicht anschließen. Die seit fast 10 Jahren bestehenden, nachgewiesenen HWS-Veränderungen seien nicht berücksichtigt worden.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2003 lehnte die Beklagte daraufhin einen Anspruch auf Rente ab. Das Ereignis habe keine Folgen hinterlassen. Eine beginnende Innenohrschwerhörigkeit beidseits sei als unfallunabhängig zu werten. Im Rahmen des Widerspruchverfahrens holte die Beklagte ein weiteres HNO-ärztliches Gutachten des Dr. K. vom 31. März 2004 ein. Unfallunabhängig sei ein beginnender Lärmschaden. Der Tinnitus sei möglicherweise durch eine leichte Verletzung der vorgeschädigten HWS ausgelöst worden. Er sei deshalb als unfallbedingt mit einer MdE um maximal 10 v.H. zu bewerten.

Die beratende HNO-Ärztin Dr. B. vertrat demgegenüber am 2. Mai 2004 die Ansicht, der Tinnitus sei überwiegend Folge degenerativer HWS-Veränderungen. Dr. K. führte ergänzend aus, der Zusammenhang mit dem Unfall müsse als sicher angesehen werden. Der beratende Arzt Dr. G. legte ergänzend dar, das verhältnismäßig geringe Trauma sei als untergeordnet zu bezeichnen; der Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall keine subjektiven Ohrgeräusche bemerkt. Der Tinnitus sei nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall, sondern auf die erheblichen, unfallunabhängigen degenerativen HWS-Veränderungen zurückzuführen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2004 zurück.

Dagegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg. Das Sozialgericht holte u.a. Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und beauftragte Frau Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines HNO-ärztlichen Gutachtens. Diese ging davon aus, dass es mit Wahrscheinlichkeit durch den Unfall zu einer nennenswerten Verschlechterung des Hörvermögens gekommen sei. Über das Ausmaß einer Schwerhörigkeit könne keine Aussage gemacht werden, da der dringende Verdacht auf eine Pseudohypakusis (Scheinschwerhörigkeit) bestehe. Da der Tinnitus in einem Frequenzbereich liege, der für ein stumpfes Schädeltrauma bzw. eine Contusio labyrinthi uncharakteristisch sei, müsse er im Zusammenhang mit einem HWS-Schleudertrauma oder einem degenerativen HWS-Syndrom gesehen werden. Es käme damit aufgrund des bestehenden Vorschadens nur eine Verschlimmerung in Betracht. Die abgrenzbare Verschlimmerung betreffe nicht den Tinnitus an sich, sondern nur den Entstehungsmechanismus. Da bereits ein Vorschaden der HWS vorgelegen habe, betrage die MdE unter 10 v.H.

Der Neurologe und Psychiater Dr. A. konnte in seinem Gutachten vom 27. April 2006 keine Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet feststellen. Eine depressive Anpassungsstörung sei als Reaktion auf Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, körperliche Beschwerden im Rahmen eine...

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