Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung von Arbeitslosengeld II. Wiederholte Meldeversäumnisse. Überlappende Sanktionszeiträume. Erwerbsfähigkeit. Arbeitsunfähigkeit. Beweislast. Rechtsfolgenbelehrung
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG München vom 24.10.2012 - L 16 AS 389/12, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB II §§ 32, 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 8, 40, 59; SGB III § 309; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten werden unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13.02.2012 die Klagen der Klägerin zu 2) gegen die Bescheide vom 29.11.2011, 09.12.2011 und 15.12.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 02.01.2012 und 10.01.2012 abgewiesen.
2. Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über mehrere Absenkungen des Arbeitslosengelds II der Klägerin zu 2) aufgrund von Meldeversäumnissen.
Die 1981 geborene Klägerin zu 2) steht mit ihrem 1983 geborenen Ehemann, dem Kläger zu 1), seit 2009 im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Die Klägerin zu 2) gab in den Anträgen jeweils an, voll erwerbsgemindert zu sein.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 2) mit Bescheid vom 11.02.2009 zunächst Leistungen als nicht erwerbsfähiger Angehöriger (Sozialgeld), wies aber mit Schreiben vom 20.03.2009 darauf hin, dass die Frage der Erwerbsfähigkeit noch abzuklären sei. Hierfür seien zunächst ein Gesundheitsfragebogen und eine Schweigepflichtentbindung vorzulegen.
Die Kläger übersandten daraufhin einen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 17.07.2009, mit dem abgelehnt wird, einen Grad der Behinderung (GdB) festzustellen. Die Klägerin zu 2) leidet danach an Burnout, Bronchialasthma und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Für diese Leiden ist jeweils ein GdB von 10 angesetzt.
Die Vorlage weiterer Unterlagen wurde von ihnen als nicht erforderlich verweigert. Eine im Mai 2010 veranlasste Untersuchung durch den ärztlichen Dienst kam nicht zu Stande. Die Klägerin zu 2) erklärte hierzu mit Schreiben vom 14.05.2010, dass sie aufgrund der Schikane auf Arbeitslosengeld II künftig verzichte. Mit Schreiben vom 27.05.2010 widerrief sie diesen Verzicht.
Ab 01.01.2011 erfolgten mehrfach Absenkungen der Leistungen, weil die Kläger zu Meldeterminen nicht erschienen waren, zuletzt mit Bescheid vom 23.05.2011 gegenüber der Klägerin zu 2) für die Zeit ab 01.06.2011 bis 31.08.2011. Diese Bescheide sind bestandskräftig geworden. Eine weitere Absenkung erfolgte mit Bescheid vom 02.11.2011 wegen eines Meldetermins vom 10.10.2011.
Mit Bescheid vom 21.07.2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.09.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen ab 01.09.2011 bis 29.02.2012.
Nachdem die Klägerin zu 2) zu einem Termin vom 10.10.2011 nicht erschienen war, forderte der Beklagte sie mit Schreiben vom 11.10.2011 erneut auf, am 24.10.2011 einen Termin zur Besprechung ihres Bewerberangebots beziehungsweise ihrer beruflichen Situation wahrzunehmen. Die Einladung enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere den Hinweis, dass eine Absenkung der Leistung um 10 vom Hundert (v.H.) der Regelleistung erfolge, falls sie den Termin ohne wichtigen Grund nicht wahrnehme, und dass sich im Falle mehrfacher Pflichtverletzungen Überschneidungen und damit im Ergebnis höhere Leistungsminderungen ergeben könnten. Nachdem die Klägerin zu 2) auch diesem Termin fernblieb, hörte der Beklagte sie mit Schreiben vom 25.10.2011 zur beabsichtigten Absenkung der Leistungen an und stellte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17.11.2011 die Minderung der Leistungen ab 01.12.2011 bis 29.02.2012 um 10 v.H. fest. Mit Widerspruch vom 23.11.2011 rügten die Kläger die fehlende Zuständigkeit des Sachbearbeiters. Bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheids erhoben sie mit Schriftsatz vom 19.11.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Augsburg und stellten zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. In der Sache beantragten sie neben der Aufhebung der Sanktionen vom 02.11.2011 und 17.11.2011 die sofortige Festsetzung und Auszahlung des Einstiegsgeldes auf ihren Antrag vom 25.05.2011, die Verhängung einer Kontaktsperre, die sofortige Festsetzung und Auszahlung einer Weiterbildungsförderung, die sofortige Festsetzung und Auszahlung eines Umzugszuschusses und die strafrechtliche Ahndung einzelner Mitarbeiter. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde mit Beschluss vom 07.12.2011 (Az.: S 11 AS 1291/11 ER), bestätigt durch Beschluss des Landessozialgerichts vom 22.12.2011 (Az.: L 7 AS 998 11 B ER), abgelehnt. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 30.01.2012, in dem der Beklagte die Sanktion vom 02.11.2011 aufhob, beantragten die Kläger noch, den Bescheid vom 17.11.201...