Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Versicherungsfreiheit. Rentenversicherung. anderweitiger Schutz der Rentenversicherung. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

§ 4 Nr 2 KSVG verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.11.1997; Aktenzeichen 3 BK 16/97)

 

Tatbestand

Streitig ist das Bestehen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.03.1993.

Der Kläger ist nach seinen Angaben als Komponist, Musiker, Musikpädagoge, Journalist, Redakteur und Buchautor seit 1970 freiberuflich tätig.

Mit Bescheid vom 20.12.1982 stellte die Beklagte die Pflichtversicherung in der Rentenversicherung der Angestellten und in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) fest. Ab 01.01.1984 arbeitete der Kläger neben der selbständigen künstlerischen Tätigkeit als Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Musikerzieher und Konzertierender Künstler e.V. mit einem Bruttogehalt von monatlich 1.850,-- DM. Die Beklagte teilte mit Bescheid vom 29.03.1984 mit, daß die Krankenversicherung nach dem KSVG mit Ablauf des 31.12.1983 erloschen, der Kläger aber weiterhin in der Rentenversicherung der Angestellten pflichtversichert ist. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 14.12.1987 eine Einschränkung seiner künstlerischen Tätigkeit ab Januar 1988 und eine Erweiterung der abhängigen Beschäftigung ankündigte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 20.01.1988 fest, daß der Kläger nicht mehr in der Rentenversicherung der Angestellten pflichtversichert ist.

Mit dem bei der Beklagten am 12.12.1991 eingegangenen Schreiben schätzte der Kläger sein voraussichtliches Jahresarbeitseinkommen für das Jahr 1992 auf 20.000,-- DM. Die Beklagte erließ am 28.01.1992 einen Änderungsbescheid und am 11.02.1992 einen weiteren Bescheid, mit denen sie in der Rentenversicherung der Angestellten und in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 12.12.1991 Versicherungsfreiheit feststellte. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 24.04.1992 zurückgewiesen. Nach Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit zum 31.03. 1993 hat die Beklagte mit Bescheid vom 01.04.1993 die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Angestellten zum 01.04.1993 festgestellt.

Der Kläger hat mit der Klage vom 20.05.1992 beim Sozialgericht München (SG) geltend gemacht, der Ausschluß von der gesetzlichen Rentenversicherung sei verfassungswidrig. Er könne als Künstler nicht eine dem Einkommen bis zur Bemessungsgrenze entsprechende Rentenanwartschaft erwerben. Damit sei er gegenüber denjenigen benachteiligt, die ihr Einkommen entweder ausschließlich aus der Tätigkeit als Arbeitnehmer oder als selbständiger Künstler bezögen.

Das SG hat mit Urteil vom 24.11.1994 die Klage mit der Begründung abgewiesen, an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von der Rentenversicherung bestünden keine Zweifel. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich. Selbständige Künstler hätten durch das KSVG in der Sozialversicherung einen Status erhalten, der sie deutlich aus dem Kreis anderer Selbständiger heraushebe. Diese seien nur ausnahmsweise in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, soweit sie bestimmten, vom Gesetzgeber als besonders schutzwürdig angesehen Berufsgruppen angehörten und hätten als Pflichtversicherte ihre Versicherungsbeiträge in vollem Umfang selbst zu tragen. Die nach dem KSVG pflichtversicherten selbständigen Künstler seien dagegen nur zur Aufbringung der Hälfte ihrer Beiträge verpflichtet. Dieses Privileg solle nach dem Willen des Gesetzgebers nur denjenigen selbständigen Künstlern vorbehalten bleiben, die sozial schutzbedürftig seien. Dies treffe auf den von § 4 Nr.2 KSVG erfaßten Personenkreis nicht zu.

Der Kläger macht mit der Berufung vom 22.02.1995 geltend, die angewandte Rechtsnorm des § 4 Nr.2 KSVG sei ein willkürlicher Ausschluß selbständiger Künstler, es fehle an jeder sachlichen Motivation für diese Regelung.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.11.1994 und die zugrundeliegenden Bescheide vom 28.01. und 11.02.92 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.92 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung in der Zeit vom 01.01.92 bis 31.03.93 festzustellen,

hilfsweise,

dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 4 Nr.2 KSVG insofern gegen das Gleichheitsgebot verstößt, als er diejenigen Künstler von der Versicherungspflicht nach dem KSVG ausschließt, die aus einem Beschäftigungsverhältnis mehr als die Hälfte der Beitragsbemessungsgrundlage an Arbeitsentgelt erzielen.

Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.11.1994 zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der bei...

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