Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. Mutterschaftsgeld. Anrechenbarkeit. Einzelkind
Orientierungssatz
Zur Anrechenbarkeit von Mutterschaftsgeld, das die Mutter aufgrund einer Teilzeitarbeit bzw dem Bezug von Arbeitslosenhilfe erhält, auf Erziehungsgeld nach § 7 Abs 2 S 2 BErzGG bei nur einem Kind.
Tatbestand
Streitig ist die Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf einen Anspruch auf Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG).
Die Klägerin brachte am 08.06.1995 eine Tochter, E, zur Welt. Sie hatte zuletzt eine Teilzeitbeschäftigung von 6 Stunden in der Woche ausgeübt und erhielt seit Beginn der Mutterschutzfrist Mutterschaftsgeld in Höhe von täglich 20,33 DM von der AOK Bayern. Auf ihren Antrag vom 27.09.1995 bewilligte die Familienkasse des Versorgungsamts M der Klägerin mit Bescheid vom 24.10.1995 Bundeserziehungsgeld für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes, wobei sich aufgrund der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes in Höhe von täglich 20,-- DM für die ersten 8 Wochen nach der Entbindung bis zum 03.08.1995 kein Anspruch errechnete. Die Klägerin erhob Widerspruch. Nach § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG sei laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld, das die Mutter aufgrund einer Teilzeitarbeit oder an Stelle von Arbeitslosenhilfe erhalte, nicht auf das Erziehungsgeld anzurechnen. Das Bayerische Landesamt für Versorgung und Familienförderung wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.1996 als unbegründet zurück. § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG sehe eine Anrechnungsfreiheit von Mutterschaftsgeld nur für solche Fälle vor, in denen anläßlich der Geburt eines weiteren Kindes Mutterschaftsgeld gewährt werde und gleichzeitig noch ein Anspruch auf Erziehungsgeld für das Vorkind bestehe. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.
Das Sozialgericht (SG) München hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 26.03.1997 als unbegründet abgewiesen. Die Auslegung des § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG durch den Beklagten treffe zu. Sie werde durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.10.1996 (SozR 3-7833 § 7 Nr. 3) gestützt.
Mit der Berufung trägt die Klägerin vor: Es sei nicht ersichtlich, wieso ihr Fall nicht unter den Tatbestand des § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG fallen solle. Sie habe in den ersten 8 Wochen nach der Geburt von E laufend zu zahlendes Mutterschaftsgeld aufgrund einer Teilzeitarbeit erhalten. Die vom Gesetzgeber geforderte zeitliche Kongruenz des Mutterschaftsgeldes mit dem "Bezug" von Erziehungsgeld sei gegeben. Zu einem tatsächlichen Bezug von Erziehungsgeld sei es nur deswegen nicht gekommen, da der Beklagte das Mutterschaftsgeld angerechnet habe, was ja gerade streitig sei. Ein Anhaltspunkt für die einschränkende Auslegung des § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG durch den Beklagten lasse sich im Gesetz nicht finden. Insbesondere sei dort von einem weiteren Kind nicht die Rede. Hilfsweise werde vorgetragen, daß es gleichheitswidrig sei, wenn Mutterschaftsgeld, das die Mutter aufgrund einer Teilzeitarbeit erhalte, auf Erziehungsgeld angerechnet werde, wohingegen das Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs.2 Mutterschutzgesetz anrechnungsfrei bleibe. Schließlich verstoße es gegen den in Art.6 Abs.1 Grundgesetz verbürgten Schutz von Ehe und Familie, daß überhaupt Mutterschaftsgeld auf Erziehungsgeld angerechnet werde, nachdem diese Leistungen unterschiedlichen Zwecken dienten.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. März 1997 und in Abänderung des Bescheides der Familienkasse des Versorgungsamts München I vom 24. Oktober 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Bayerischen Landesamts für Versorgung und Familienförderung vom 8. Januar 1996 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 08.06.1995 bis 03.08.1995 Erziehungsgeld ohne Anrechnung von Mutterschaftsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zwar sei einzuräumen, daß der Gesetzgeber mit der Änderung des § 7 Abs.1 Satz 1 BErzGG durch das Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23.06.1993 nunmehr den Grundsatz der Deckungsgleichheit festgeschrieben habe. Dies bedeute, daß das Mutterschaftsgeld für ein Folgekind grundsätzlich nicht mehr auf das Erziehungsgeld für das Vorkind angerechnet werde. An der Auslegung des Tatbestandes des § 7 Satz 3 BErzGG in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes vom 06.12.1991, die das BSG in seinem Urteil vom 15.10.1996 für die Gesetzeslage vor dem FKPG vorgenommen habe, werde gleichwohl auch für die nunmehrige Bestimmung des § 7 Abs.2 Satz 2 BErzGG festgehalten. Es sei also weiterhin zu verlangen, daß Mutterschaftsgeld für ein Folgekind an die während des Erziehungsgeldbezuges für das Vorkind geleistete Teilzeitarbeit bzw. erhaltene Arbeitslosenhilfe anknüpfe. Zwar sei in diesem Fall eine Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf das Erziehungsgeld für das Vorkind ohnehin nicht mehr vorgesehen, nach der nunmehrigen Verwaltungspraxis finde aber § 7 Abs.2 Satz 2 BERzGG darin seine Anwendung, daß die Mutter unter den dortigen Vorausse...