Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Klagebegehren. Überprüfung des Sozialhilfeanspruchs. Leistungsbeginn nach § 18 SGB 12. Zusammensetzung des Eckregelsatzes. Warmwasserabschlag von Heizkosten. Einkommenseinsatz. britische Renten. keine zweckbestimmte Leistung. Gleichstellung mit Grundrente. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit einem Klagebegehren auf Nichtberücksichtung einer britischen Rente wird nach dem "Meistbegünstigungsgrundsatz" höhere Hilfe zum Lebensunterhalt beantragt. Damit muss eine Überprüfung des gesamten Anspruchs auf Sozialhilfe erfolgen.

2. Grundsätzlich sind bei der Überprüfung des Bestehens eines Anspruchs alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, Teilelemente durch Teilvergleich oder Teilanerkenntnis "unstreitig zu stellen".

3. In der Zusammensetzung des Eckregelsatzes gem § 2 RSV der pauschalierten Regelleistung wird unter Abteilung 04 ein Anteil von 8 vH für Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe veranschlagt, aus der die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile (insbesondere Kosten der Warmwasserbereitung) zu bestreiten ist.

4. Leistungen der Veterans Agency (Executive Agency of the Ministry of Defence) und der war pensions agency (Executive Agency of the Ministry of the department of Social Security) aus Großbritannien sind sozialhilferechtlich als Einkommen zu behandeln. Dabei handele es sich um keine zweckgebundene Einnahme iS von § 83 Abs 1 SGB 12.

5. Ausländische Leistungen, die nicht unmittelbar von der Privilegierung des § 82 Abs 1 SGB 12 erfasst werden, können aus Gründen der Gleichbehandlung der vorgenannten Regelung gleichgestellt werden, wenn sie nach Grund und Höhe einer anrechnungsfreien Grundrente vergleichbar ist.

6. Nur bei der Grundsicherung im Alter und der Erwerbsminderung beginnt die Leistung am ersten des Monats der Antragstellung nach § 44 Abs 1 S 2 SGB 12. Diese setzt ua Erwerbsunfähigkeit auf Dauer voraus. Ohne die Notwendigkeit einer Antragstellung verlangen Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des SGB 12 nach dem Einsatzgrundsatz iS des § 18 Abs 1 SGB 12 Kenntnis vom Hilfefall, die auch durch einen Antrag erlangt werden kann.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Beginn und die Höhe von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Recht der Grundsicherung Erwerbsunfähiger (SGB XII) wegen teilweiser Anrechnung von Sozialleistungen aus Großbritannien über einen Zeitraum ab 01.10.2006 (nach dem Teilanerkenntnis) bis zum 01.04.2007 (Trennungsbeschluss) streitig.

Mit Bescheid vom 11.12.2006 erbrachte die Beklagte zunächst für die Zeit ab 29.11.2006 Grundsicherungsleistungen bis zum 31.12.2006. Den Bedarf ermittelte sie dabei unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen lipidsenkender Kost in Höhe von 39,00 Euro, aber unter Abzug von 12,67 Euro (Anteil an Warmwasserkosten) bei den Kosten der Unterkunft in Höhe von 350,00 Euro.

Mit seinem Widerspruch vom 13.12.2006 verlangte der Kläger die Leistungen ab Oktober unter Außerachtlassen britischer Sozialleistungen beim Einkommen, weil es sich dabei um eine Entschädigungsleistung wegen erlittener Körperverletzungen handele. Die Beklagte hatte von berücksichtigten Einnahmen (240,92 Euro) einen Abzug in Höhe von 118,00 Euro (30 v.H. der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, BVG) vorgenommen.

Mit Bescheid vom 15.02.2007 berechnete der Beklagte die Leistungen unter Berücksichtigung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge des Klägers rückwirkend und berücksichtigte ab 01.01.2007 eine Erhöhung des Regelsatzes (Gesamtleistung: 731,10 Euro).

Mit Bescheid vom 30. 03.2007 (wiederholt mit Bescheid vom 12.07.2007) stellte die Beklagte die Hilfe zum Lebensunterhalt mit Wirkung zum 01.05.2007 ein. Der Kläger sei nicht erwerbsunfähig. Diesen Teil der Gestaltung des Sozialhilfeverhältnisses hat das Sozialgericht Augsburg (SG) mit Beschluss vom 30.04.2008 nach Anhängigkeit im Prozessrechtsverhältnis abgetrennt und diesen Rechtsstreit unter Beibehaltung des alten Aktenzeichens S 15 SO 18/08 durch Beschluss vom 16.05.2008 ausgesetzt. Denn der Rentenversicherungsträger habe zwar den Rentenantrag des Klägers mit einem Bescheid vom 08.03.2007 abgelehnt, aber insoweit sei noch ein Rechtsstreit anhängig, von dem Erkenntnisse über die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu erwarten seien.

Zwischenzeitlich machte der Kläger einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II geltend. Die Arge O. hat auch Leistungen bewilligt. Wie schon früher (Bayer. Landessozialgericht ≪LSG≫ L 7 AS 56/06) kam es wegen der Anrechnung der Sozialleistungen aus Großbritannien zu einem Rechtsstreit. Damals war der Kläger mit seiner zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegten Revision mit dem Az....

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