Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung über einen Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung bei Abwesenheit des Klägers. Verkündung eines Beschlusses in der mündlichen Verhandlung. Untätigkeitsklage. Einbeziehung eines Bescheids in das Klageverfahren. Falsche Rechtsbehelfsbelehrung. Beiladung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Entscheidung über einen Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung bei Abwesenheit des Klägers.

 

Normenkette

SGG §§ 132-133, 135, 142 Abs. 1, §§ 96, 75 Abs. 1 S. 2; ZPO § 47 Abs. 1; GG Art. 103

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 7. März 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Untätigkeit des Beklagten.

Der im Jahre 1932 geborene Kläger wurde am 28.01.1944 durch einen Sprengkörper verletzt. Mit Bescheid vom 12.06.1954 wurden als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit Bescheid vom 12.06.1954 ab dem 01.06.1951 auf 40 v.H. geschätzt. Es wurde eine Grundrente, nicht aber eine Ausgleichsrente gemäß § 32 BVG gewährt.

Ein Antrag des Klägers vom 06.03.1994 auf Änderung des Bescheids vom 12.06.1954 wurde mit Bescheid vom 30.01.1995 und vom 31.01.1995 (zum Berufsschadenausgleich und zur besonderen beruflichen Betroffenheit) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.1995 abgelehnt. In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 27.11.2003, Az.: L 15 V 55/99, dazu verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.1990 "Versorgungsrente" nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren.

Mit (Umsetzungs-)Bescheiden vom 02.04.2004 und 05.04.2004 wurde dem Kläger Grundrente nach einer MdE von 50 v.H. gewährt. Ausgleichsrente wurde dem Kläger wegen der Höhe seines Einkommens nicht gewährt, ebenso nicht ein Berufsschadensausgleich oder Ehegattenzuschlag.

Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 30.05.2004) erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 29/33 V 4/05)

Mit Bescheid vom 13.07.2009 wurden dem Kläger gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch rückwirkend ab 05/1993 Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag (für beschränkte Zeiten) bewilligt.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 13.08.2009 entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Widerspruch, weil seiner Ansicht nach die Ausgleichsrente und der Ehegattenzuschlag falsch berechnet worden seien, was er aus der niedrigen Höhe schließe.

Ein Widerspruchsbescheid erging in der Folge nicht, der Bescheid wurde aber in das sozialgerichtliche Verfahren mit dem Aktenzeichen S 29/33 V 4/05 einbezogen.

Mit Schreiben vom 02.06.2010 hat der Kläger Untätigkeitsklage zum SG München erhoben. Er hat vorgetragen, dass über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.07.2009 nicht entschieden worden sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.03.2013 ist die aus dem Verfahren S 29/33 V 4/05 abgetrennte und unter dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 geführte Klage wegen Ausgleichsrente und Ehegattenzuschlag abgewiesen worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 hat das SG die Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen. In den Gründen hat es darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 13.07.2009 nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 30 V 9/07 geworden sei. Der Beklagte hätte in dieser Situation gar keinen Widerspruchsbescheid erlassen dürfen, sondern habe den weiteren Dialog über einen etwa noch strittigen Teil der Ansprüche auf der gerichtlichen Ebene weiterführen müssen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 11.04.2013 Berufung eingelegt und auf 28 Seiten diverse Verfahrensverstöße durch das SG gerügt. Seiner Meinung nach sei die Bundesrepublik Deutschland beizuladen. Die Bescheide aus dem Jahr 1995 seien rechtswidrig. Der Beklagte habe gefälschte Gutachten in Auftrag gegeben.

Die vom Kläger mit Schreiben vom 20.09.2014 gestellten Befangenheitsanträge gegen den Berichterstatter und den früheren Vorsitzenden des Senats sind mit Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2014 zurückgewiesen worden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid vom 07.03.2013 aufzuheben und seiner Untätigkeitsklage stattzugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG München, auch zu den Aktenzeichen S 33 V 4/05 und S 30 V 9/07, beigezogen. Vorgelegen haben zudem die Akten des Bayer. LSG zu den Aktenzeichen L 15 V 55/99 und L 15 VK 3/13. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den ...

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