Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Zuständigkeitskonkurrenz zwischen mehreren Berufsgenossenschaften bei Berufskrankheiten
Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 134 SGB VII richtet sich dann, wenn im Falle einer Berufskrankheit die gefährdende Tätigkeit für mehrere Unternehmen ausgeübt wurde, für die verschiedene Unfallversicherungsträger zuständig sind, die Zuständigkeit nach dem Unternehmen, in dem die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde, wobei die Unfallversicherungsträger Näheres, auch Abweichendes, durch Vereinbarung regeln können. Die in § 134 SGB VII getroffene Regelung zur konkurrierenden Zuständigkeit mehrerer Berufsgenossenschaften bei Berufskrankheiten galt mit gleichem Inhalt bereits vor dem Inkrafttreten des § 134 SGB VII zum 1.1.1997, allerdings nicht als Regelung des SGB VII oder der RVO, sondern als ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz.
2. § 134 SGB VII sagt in bemerkenswerter Weise nichts zu dem zeitlichen Bezugspunkt aus, von dem aus gesehen die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde. § 3 der Vereinbarung über die Zuständigkeit bei Berufskrankheiten (VbgBK) präzisiert diese Vorschrift dahingehend, dass es auf die letzte gefährdende Tätigkeit vor der Meldung im Sinne dieser Vereinbarung ankommt. Nr 1.2 der Erläuterungen zu § 3 VbgBK stellt ausdrücklich klar, dass für die Zuständigkeit auch dann die letzte Tätigkeit vor der Meldung maßgebend ist, wenn der Versicherungsfall tatsächlich schon vorher bei einer früheren gefährdenden Tätigkeit eingetreten ist.
Orientierungssatz
Bei der Entschädigung einer Berufskrankheit richtet sich die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nach demjenigen Unternehmen, in dem die gefährdende Tätigkeit zuletzt ausgeübt wurde. Dabei kommt es nach § 3 der Vereinbarung über die Zuständigkeit bei Berufskrankheiten auf die letzte gefährdende berufliche Tätigkeit vor der Meldung an.
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21.10.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Anerkennung einer chronischen aktivierten Hepatitis-C als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) im Sinne einer Berufskrankheit nach § 9 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) für die Vergangenheit sowie die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen.
Die 1954 in Ungarn geborene Klägerin arbeitete von 1972 bis zu ihrer Ausreise nach Deutschland im Jahre 1988 im staatlichen Gesundheitssystem Ungarns, zunächst als Krankenschwester und Hygienikerin, zuletzt als Kindererzieherin.
Am 12.04.1988 reiste die Klägerin ins Bundesgebiet ein. Sie verfügt über einen Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge B.
Vom 26.05.1988 bis zum 07.06.1988 wurde die Klägerin im D.krankenhaus C-Stadt stationär behandelt. Es fand ein gynäkologischer Eingriff statt. Vor der Operation wurde eine Blutuntersuchung durchgeführt, bei der erhöhte Leberwerte festgestellt wurden.
Von Mai 1989 bis Februar 1990 arbeitete die Klägerin als Stationshilfe in einem Altenheim, von Oktober 1989 bis Dezember 1989 leistete sie ein Krankenpflegepraktikum im Evangelischen D.krankenhaus C-Stadt ab, und von Mai 1990 bis April 1992 arbeitete sie als Krankenschwesterhelferin im V. Krankenhaus C-Stadt, wobei sie ab einer Fortbildung im April 1999 auch subkutane Injektionen mit Heparin durchführte. Bei einer Abschlussuntersuchung am 30.04.1992 gab sie keine Beschwerden an.
Der 30.04.1992 war der Tag des Versicherungsfalls, ab dem die Beigeladene die Hepatitis-C Erkrankung als BK 3101 anerkannte. Dieses Datum geht zurück auf ein von der Beigeladenen eingeholtes Gutachten des Prof. Dr. O. . Nach der Wiedergabe dieses Gutachtens insbesondere im Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 27.05.1998 fand sich bei der Klägerin eine gering aktive chronische Virus-Hepatitis-C. Es wurde ein beruflicher Zusammenhang ausgehend von einer vermehrten Infektionsgefährdung bei der Tätigkeit im V. Krankenhaus C-Stadt bejaht, die MdE mit 20 v.H. bewertet und als Zeitpunkt des Versicherungsfalles der 30.07.1992 festgesetzt.
Der Internist Dr. V. stellte am 30.09.1992 die Diagnose einer abgelaufenen Hepatitis-C und erläuterte hierzu, dass bei der Klägerin Hepatitis-C-Antikörper nachweisbar seien. Dies bedeute, dass bei der Patientin eine Hepatitis-C abgelaufen sei, wobei man nicht sagen könne, wie lange dies zurückliege. Bei Hepatitis-C gebe es durchaus chronische Verlaufsformen.
Am 22.12.1992 wurde die Klägerin zur deutschen Staatsangehörigen eingebürgert.
Auch das Klinikum der Stadt M. stellte am 16.02.1993 die Diagnose einer chronischen Hepatitis-C-Infektion. Anamnestisch sei eine mögliche Infektion am ehesten im Rahmen der Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester gegeben.
Im Juni 1994 zeigte die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) der Beigeladenen den Verdacht an, dass die ...