Leitsatz (amtlich)

Keine dauerhafte Bindung an einen unzutreffenden Wahltarif mit Krankengeldanspruch

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt als unständig Beschäftigte die dauerhafte Versicherung mit Krankengeldanspruch ab dem ersten Tag der Krankheit nach einem Wahltarif der Beklagten.

Die 1961 geborene Klägerin ist u.a. als Schauspielerin und Synchronsprecherin immer wieder in unständigen Beschäftigungsverhältnissen tätig und deshalb pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Sie war deshalb bei der Beklagten bis Ende 2008 mit Anspruch auf Krankengeld zum erhöhten Beitragssatz versichert.

Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG vom 26.03.2007 - BGBl I S. 378) wurde das Krankengeldrecht ab 1.1.2009 in § 44 Abs. 2 SGB V und § 46 SGB V dahingehend geändert, dass versicherungspflichtig Beschäftigten nur dann ein Anspruch auf Krankengeld zusteht, wenn sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) haben. Das wiederum setzt nach § 3 EFZG ein mindestens vierwöchiges Arbeitsverhältnis voraus. De facto haben Beschäftigte seither regelmäßig erst nach 10 Wochen (vier Wochen Arbeitsverhältnis zzgl. sechs Wochen Entgeltfortzahlung) Anspruch auf Krankengeld.

Wegen dieser Änderung plante die Beklagte ab Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.01.2009 den betroffenen Versicherten Wahltarife anzubieten u.a. den Tarif Krankengeld KG A01 mit Anspruch auf Krankengeld ab dem ersten Krankheitstag gegen eine Prämie von 4,80 €/Monat. Dieser Tarif sollte nach den Überlegungen der Beklagten Personen vorbehalten bleiben, die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)versicherungspflichtig sind. Obgleich die Klägerin diesem Personenkreis nicht angehörte bot die Beklagte ihr mit Schreiben vom 29.10.2008 diesen Tarif KG A01 an, obgleich eine Genehmigung des Tarifs noch nicht erfolgt war. Die Klägerin nahm dieses Angebot am 11.11.2008 an und erteilte der Beklagten eine entsprechende Einzugsermächtigung. Auf erinnernde Mitteilung der Klägerin vom 05.01.2009 antwortete die Beklagte, das Angebot des Tarifs Krankengeld KG A01 sei ein Versehen gewesen, eine Versicherung nach diesem Tarif sein nicht möglich. Als Alternative sei aber ein Tarif mit Krankengeldanspruch frühestens ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit möglich. Dies akzeptierte die Klägerin nicht. Mit Bescheid vom 10.03.2009 lehnte es die Beklagte ab, die Klägerin nach dem Tarif KG A01 zu versichern.

Auf Widerspruch der Klägerin hin führte die Beklagte die Versicherung nach dem Tarif KG A01 für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.07.2009 durch, beendigte diesen jedoch für die Zeit ab 01.08.2009. Dieser Tarif KG A01 stehe nur Selbständigen nach dem KSVG versicherungspflichtigen Personen offen, nicht jedoch für Beschäftigte wie die Klägerin. Wegen des Verfahrensablaufes werde entgegenkommender Weise die Versicherungspflicht vom 01.01.2009 bis 31.07.2009 zu einer Monatsprämie von 4,80 € akzeptiert. Auf Dauer könne jedoch dem Begehren der Klägerin nicht entsprochen werden, da sie Voraussetzungen des Tarifs KG A01 nicht erfülle.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und die Beibehaltung des Tarifes KG A01 beantragt. Die Beklagte habe einen entsprechenden Wahltarifvertrag abgeschlossen infolge Annahme des Angebots vom 29.10.2008 durch die Klägerin; daran sei die Beklagte gebunden. Das Vorliegen eines Irrtums der Beklagten werde bestritten, zudem könne ein Irrtum nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Eine Anfechtung des Vertrages sei weder erfolgt noch bestehe ein Anfechtungsgrund. Eine Änderung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin könne auch mit der zum 01.08.2009 geschaffenen Regelung in § 319 SGB V nicht begründet werden, denn der Gesetzgeber habe zum 01.08.2009 auf ungerechtfertigte Belastungen der Versicherten durch bestimmte Wahltarife reagiert; damit habe das unzutreffende Vorgehen der Beklagten aber nichts zu tun. Im Übrigen werde die Klägerin durch die Nichtgewährung des Tarifes KG A01 im Vergleich zu anderen Versicherten, denen der Tarif angeboten werde, ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.

Mit Gerichtsbescheid vom 20.10.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin könne wegen der Übergangsfrist des § 319 SGB V über den 31.07.2009 hinaus nicht den Tarif KG A01 beibehalten. Eine sachgrundlose Ungleichbehandlung der Klägerin sei nicht erkennbar.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zusätzlich zur Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens hinaus betont, dass die Beklagte für unständig Beschäftigte wie die Klägerin Krankengeldtarife erst ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit anbiete. Darin liege eine gleichheitswidrige ungerechtfertigte Behandlung der unständig Beschäftigten. Denn sie müssten im Falle längerer Arbeitsunfähigkeit ein...

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