nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Augsburg (Entscheidung vom 30.10.2002; Aktenzeichen S 13 RA 384/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Kläger betreibt ein Geschäft für Bürobedarf, Büromaschinen, Schreibwaren und einen Buchhandel. Die Beklagte führte bei ihm am 20.11.2000 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.1996 bis 31.10.2000 durch. Hierbei beanstandete sie, dass der Kläger acht Arbeitnehmerinnen ein zu geringes Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld gezahlt habe. Es sei damit von den allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen für den Einzelhandel in Bayern abgewichen worden, die von 1996 bis 1999 gegolten haben.
Die Beklagte erließ am 12.04.2001 einen Bescheid, mit dem sie Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.976,22 DM nachforderte. Die Entlohnung der beschäftigten Arbeitnehmer sei nicht entsprechend den für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen für den Einzelhandel erfolgt. Ein Entgeltanspruch mindestens in Höhe des im für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages festgesetzten Lohnes könne von den Parteien eines Arbeitsvertrages, die der Geltung dieses Tarifvertrages unterlägen, nicht rechtswirksam unterschritten werden. Die Höhe des Beitragsanspruches richte sich grundsätzlich nach den tatsächlich erhaltenen Einnahmen, darüber hinaus aber auch nach den vom Arbeitgeber geschuldeten Leistungen. Im bayerischen Einzelhandel sei der Tarifvertrag über Sonderzahlungen sowie der Lohn- und Gehaltstarifvertrag als allgemein verbindlich erklärt worden. Hierbei stehe allen Beschäftigten Urlaubsgeld in Höhe von 50 v.H. (bis 31.12.1997 55 v.H.) des jeweiligen Endgehalts der Beschäftigungsgruppe II Ortsklasse 1 sechs Berufjahre zu. Die jährliche Sonderzuwendung betrage 62,5 % (bis 31.12. 1996 60 %) des zustehenden monatlichen tariflichen Entgelts. Diese zustehenden Sonderzahlungen unterlägen der Beitragspflicht in der Sozialversicherung. In der Anlage des Bescheides wurde die Beitragsforderung nach Arbeitnehmern und Kalenderjahren sowie Versicherungszweigen aufgeschlüsselt.
Der Kläger machte mit dem Widerspruch vom 16.05.2001 geltend, in Betriebsprüfungen sei bisher stets das gesetzlich geregelte Zuflussprinzip zugrunde gelegt worden. Auch wenn sich hier Arbeitnehmer mit untertariflichen Sonderzuwendungen bzw. Urlaubsgeld zufrieden gegeben hätten, liege kein Verstoß gegen das Tarifvertragsgesetz vor. Die entgegenstehende Prüfpraxis der Rentenversicherungsträger sei nicht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbaren. Dem Kläger stehe auch Vertrauensschutz zu. Die Beklagte habe erstmals im Januar 2000 die Änderung ihrer Rechtsauffassung in einer Arbeitgeberinformation mitgeteilt. Der Kläger hat außerdem beantragt, die sofortige Vollziehung des Bescheides auszusetzen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2001 den Widerspruch zurück. Für mehrere Beschäftigte seien Beiträge aus den laut des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages für den Bayerischen Einzelhandel tariflich zustehenden, tatsächlich aber nicht gezahlten Sonderzuwendungen (Weihnachts- und Urlaubsgelder) entsprechend nachberechnet worden. Bei Vorliegen eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages sei ein Verzicht auf Teile des tarifvertraglichen Gehalts nur wirksam, wenn er im Tarifvertrag ausdrücklich vorgesehen sei. Im Tarifvertrag für den Bayerischen Einzelhandel sei eine solche Verzichtsmöglichkeit nicht enthalten. Das Bundessozialgericht habe sich bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1982 von dem im Steuerrecht geltenden Zuflussprinzip abgewandt und die Rechtsanspruchstheorie bzw. das Entstehungs-/Verdienstprinzip für die Sozialversicherung entwickelt. Der Arbeitgeber könne sich nicht allein durch Nichtzahlung des Arbeitsentgelts seiner öffentlich-rechtlichen Beitragspflicht entziehen; anderenfalls wären schwerwiegende Nachteile für die Arbeitnehmer, vor allem in der Rentenversicherung, nicht auszuschließen. Werde dem Arbeitnehmer eine Sonderzahlung bei Fälligkeit nicht ausbezahlt, dann seien dafür trotzdem Beiträge zu entrichten.
Der Kläger hat mit der Klage vom 19.10.2001 beim Sozialgericht Augsburg (SG) geltend gemacht, den Mitarbeitern hätten die Entgeltbestandteile unbestritten zugestanden, aus denen die Nachforderung der Beklagten sich errechne. Sie hätten aber vertragsgemäß die niedrigere Auszahlung akzeptiert und würden höhere tarifliche Ansprüche nicht geltend machen. Von den geleisteten Lohn- und Gehaltszahlungen habe er ordnungsgemäß die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Die Abrechnung der Beiträge sei in der Vergangenheit von der Ortskrankenkasse in unregelmäßigen Abständen überprüft worden, ohne dass jemals die Abführung von Beiträgen aus höheren als den tatsächlich ausbezahlten Lohnsummen angemahnt oder geltend gemacht...