Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
Leitsatz (amtlich)
Zur Berücksichtigung von Aufschubzeiten nach europarechtlichen Vorschriften.
Orientierungssatz
Die in anderen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten werden für den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben eines Leistungsanspruchs mit den deutschen Zeiten zusammengerechnet, soweit diese nicht auf dieselbe Zeit entfallen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.10.2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1961 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und lebt in Portugal.
Er beantragte erstmals am 26.10.2000 über den portugiesischen Sozialversicherungsträger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Bescheid vom 22.01.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2003 lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Rente ab.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg (S 4 RJ 568/03). Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der Kläger jeweils ambulant untersucht und zwar durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. D., den Orthopäden Dr. B., den HNO-Arzt Dr. N. und den Nervenarzt Dr. B.. Im Rahmen einer sozialmedizinischen Zusammenfassung durch Dr. D. am 01.08.2004 kam dieser zu dem Ergebnis, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig (über acht Stunden täglich) sowie wenigstens sechs Stunden täglich mit qualitativen Einschränkungen tätig sein.
Mit Urteil vom 18.11.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers wurde mit Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (L 20 R 71/05) am 09.11.2005 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 5 R 12/06 B) wurde durch das Bundessozialgericht als unzulässig verworfen.
Am 22.12.2006 beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Eingang Beklagte 02.01.2007). Er gab an, dass er seit 1992 fortlaufend Beiträge in Portugal entrichtet habe. Mit Bescheid vom 18.01.2007 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung wegen Nichterfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab. Im maßgeblichen Zeitraum vom 01.10.1999 bis 21.12.2006 seien nur zwei Jahre mit Pflichtbeiträgen im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI erfüllt.
Mit Widerspruch vom 26.04.2007 gab der Kläger an, dass er bis 18.05.2006 durchgehend versichert gewesen sei und ab diesem Zeitpunkt in Portugal Sozialhilfe beziehe. Allerdings bestehe ein Zahlungsrückstand, den er derzeit mit Ratenzahlung ausgleiche. Die Beklagte teilte mit, es werde um Mitteilung gebeten, ob der Widerspruch vom 26.04.2007 zurückgenommen werde. Ergänzend werde mitgeteilt, dass nach Vorlage einer berichtigten Bestätigung der portugiesischen Zeiten durch den portugiesischen Versicherungsträger der Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 22.12.2006 erneut überprüft werde. Daraufhin nahm der Kläger den Widerspruch zurück.
Mit Schreiben vom 20.06.2007 teilte der Kläger mit, dass er seine Zahlungsrückstände bei der portugiesischen Sozialversicherung ausgeglichen habe. Er bitte die Beklagte, dem portugiesischen Sozialversicherungsträger ein neues Formblatt E 205/P zu übersenden. Es solle eine neue Versicherungsbescheinigung angefordert werden.
Mit Schreiben vom 24.01.2008 bat der Kläger um Auskunft über den "Status meines Antrags auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von Dezember 2006".
Am 30.01.2008 ging bei der Beklagten das Formblatt E 205/P ein, in dem Versicherungszeiten gleichgestellte Zeiten für die Zeit ab November 1991 bis Ende März 2006 mit Ausnahme der Monate Oktober 2001 bis Februar 2002 und August 2005 bis Dezember 2005 bescheinigt wurden. In einem E 205/P vom 08.03.2008 sind abweichende Zeiten ausgewiesen. Die Beklagte bat um entsprechende Überprüfung.
Die Beklagte beantragte beim portugiesischen Sozialversicherungsträger die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung des Klägers in Portugal. Im Zuge der ärztlichen Ermittlungen wurde ein psychiatrischer Arztbericht von Dr. T. vom 22.04.2006 beigezogen sowie ein orthopädischer Bericht des Dr. A. vom 17.12.2007. Am 20.05.2008 wurde ein Gutachten durch Dr. A. R. (aufgrund unleserlicher Handschrift teilweise mit Dr. A. B. übersetzt) erstellt. In dieses Gutachten wurden ein orthopädisches und ein psychiatrisches Zusatzgutachten einbezogen. Dabei handelt es sich wohl um eine psychiatrische Stellungnahme der Dr. T. vom 14.05.2008, wonach beim Kläger seit 1999 eine schwere körperliche Unfähigkeit von Knochen und Gelenken, invalidierend im Hinblick auf seine Arbeit und sein persönliches Leben, vorliege. Im Jahr 2003 habe sich eine weitere Verschlechterung ergeben. Aus psychiatrischer Sicht...