Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Unterlassungsklage
Leitsatz (amtlich)
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen eine Krankenkasse gerichtete Leistungsklage auf Unterlassung einer Information weiterer Krankenkassen über das Ergebnis eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und die Möglichkeit der Aufrechnung fehlt, wenn die Information bereits erfolgt ist und keine Wiederholungsgefahr besteht.
Orientierungssatz
1. Voraussetzung der Zulässigkeit einer Unterlassungsklage ist die Behauptung des Klägers, dass ein Rechtsanspruch bestehe, dessen drohende Verletzung zu besorgen sei. Maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines Rechtschutzinteresses ist, dass ein erneutes als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Behörde ernstlich zu befürchten ist (BSG Urteil vom 28. 1. 1993, 2 RU 8/92).
2. An der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt es, wenn die Behörde nachvollziehbar offensichtlich keine Veranlassung zu einer weiteren Befassung mit dem angeschuldigten Sachverhalt hat.
3. Es ist unzulässig, eine abstrakte objektive Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns einer Behörde im Wege des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs geltend zu machen (BSG Urteil vom 15. 11. 1995, 6 RKa 17/95).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Berufungsverfahren noch ein Anspruch auf Unterlassung einer Äußerung.
Die Klägerin ist Inhaberin des M., einer Einrichtung der ambulanten Pflegehilfe. Mit Schreiben vom 23.04.2013 bat die Beklagte die Klägerin um Überweisung eines Betrages in Höhe von 3.787,48 Euro auf das Konto der vdek Landesvertretung Bayern. Sie bezog sich auf ein bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt wegen (Abrechnungs-) Betrugs (§§ 263 Abs.1, 53 Abs.1 Strafgesetzbuch - StGB) geführtes Ermittlungsverfahren. Wie man der Ermittlungsakte entnommen habe, habe die Klägerin in den Jahren 2007 bis 2009 für zahlreiche Patienten Leistungskomplexe für Krankenpflege abgerechnet, die nicht oder nicht vollständig erbracht worden seien; den gesetzlichen Krankenkassen sei dadurch ein Schaden von mindestens 19.035,20 Euro entstanden. Die Beklagte sei von den weiteren Ersatzkassen beauftragt worden, die entstandenen Forderungen geltend zu machen. Der entstandene Schaden beziffere sich wie folgt: Barmer GEK 2.340,34 Euro; TK 224,38 Euro; DAK 1.151,42 Euro; HEK 71,34 Euro; gesamt 3.787,48 Euro. Mit Schreiben vom 24.10.2013 wurde die Klägerin erneut aufgefordert, den Betrag zu überweisen. Andernfalls würden die geschädigten Ersatzkassen von der Möglichkeit der Aufrechnung Gebrauch machen.
Mit Schreiben vom 02.11.2013 widersprach die Klägerin der Forderung der Beklagten. Die Feststellungen der Staatsanwaltschaft A-Stadt seien ihr nicht bekannt. Das Strafverfahren sei nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden. Die Beklagte könne einen Schaden nicht beweisen. Die Aufrechnung sei nicht zulässig.
Mit Schreiben vom 25.06.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Ersatzkassen würden von der Möglichkeit der Aufrechnung nach §§ 51 ff Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nunmehr Gebrauch machen. Hiermit werde die Aufrechnung erklärt. Das Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt sei nicht wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt worden, sondern gegen Zahlung eines Geldbetrages von 5.000,- Euro. Im Übrigen sei der Ausgang des Ermittlungsverfahrens nicht entscheidend für einen sozialgerichtlichen Anspruch.
Am 01.07.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Die AOK Bayern habe bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt Anzeige gegen die Klägerin wegen angeblichen Abrechnungsbetrugs erstattet. Das Verfahren sei nach § 153a StPO eingestellt worden. Die Beklagte habe die Klägerin aufgefordert, den durch eine Abrechnung von angeblich nicht oder nicht vollständig erbrachten Leistungen entstandenen Schaden in Höhe von 3.787,48 Euro zu ersetzen. Die Klägerin habe der Forderung der Beklagten widersprochen. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 25.06.2014 die Zahlung des oben genannten Betrags angemahnt und mitgeteilt, die Ersatzkassen würden von der Möglichkeit der Aufrechnung nunmehr Gebrauch machen.
Die von der Beklagten behaupteten Forderungen bestünden nicht, die Beklagte habe es zu unterlassen, Gegenteiliges zu behaupten und entsprechende Aufrechnungserklärungen abzugeben. Ein behaupteter Schaden von Krankenkassen liege nicht vor, angebliche Schäden von Pflegekassen seien nicht Gegenstand der Zahlungsaufforderung.
Die Beklagte hat ausgeführt, die Forderungen gegen die Klägerin seien von Mitarbeitern der Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen gem. § 197a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geltend gemacht worden. Dies...