Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Rotatorenmanschettenruptur. Kausalität. geeigneter Unfallhergang
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Unfallhergang, bei dem bei abgespreiztem und gestrecktem Arm eine Kraft eingewirkt hat, die den Oberarmkopf gegen das Schulterdach gedrückt und damit im Wesentlichen eine axiale Stauchungsbelastung der Schulter bewirkt hat, ist grundsätzlich nicht als geeignet anzusehen, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu verursachen, weil sie nicht zu einer Überdehnung der Rotatorenmanschette führt.
2. Auch fortgeschrittene degenerative Veränderungen oder gar Defekte der Rotatorenmanschette können ohne wesentliche funktionelle Einbussen und ohne Schmerz- und Beschwerdesymptomatik auftreten.
3. Ist es durch den Unfall zu keiner Schädigung und Verletzung der Rotatorenmanschette selbst gekommen, kann es auch zu keiner richtunggebenden Verschlimmerung des vorbestehenden degenerativen Schulterleidens gekommen sein.
Normenkette
SGB VII § 56
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 31.01.2001.
Der 1945 geborene Kläger, Landwirt, erlitt am 31.01.2001 einen Arbeitsunfall, als er sich bei Arbeiten auf dem Feld beim Versuch, den Schieber des am Schlepper angebrachten Kunstdüngerstreuers zu schließen, am rechten Oberarm und der Schulter verletzte. Der Kläger drückte mit ausgestrecktem Arm nach hinten einen Hebel am Streuer. In diesem Augenblick fuhr der Schlepper mit dem linken Hinterrad in ein großes Furchenloch. Der nach oben schnellende Fahrersitz schlug mit der Rückenlehne von unten auf den rechten Oberarm, wobei sich der Kläger weiterhin an dem Hebel des Streuers fest hielt. Gleichzeitig erhielt er durch das Einfedern des Düngerstreuers einen weiteren Schlag auf seine Schulter.
Der Kläger beendete seine Tätigkeit und begab sich wegen zunehmender Schmerzen am 02.02.2001 in ärztliche Behandlung bei Dr. R., Chirurg, Kreiskrankenhaus N. . Dieser diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom 05.02.2001 den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen bei, holte eine Auskunft der Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) hinsichtlich Vorerkrankungen ein und ein Gutachten des Dr. M., Facharzt für Orthopädie, vom 14.05.2001.
Dr. M. führte aus, das Ereignis könne nicht als geeignet angesehen werden, deutliche Verletzungen des Schultergelenkes zu bewirken. Es sei von einem Verschleißleiden der Rotatorenmanschette auszugehen. Auf den am 02.02.2001 angefertigten Röntgenaufnahmen seien kalkdichte Verschattungen im Bereich des Ansatzes der Rotatorenmanschette zu finden gewesen. Eine solche Verkalkung weise auf einen degenerativen Vorschaden hin.
Mit Bescheid vom 23.07.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Beschwerden in der rechten Schulter des Klägers als Folge des Unfalls vom 31.01.2001 ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2001 als unbegründet zurück. Der vorbestehende Verschleißschaden sei die allein wesentliche Ursache für die vorliegenden Beschwerden.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 23.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auf Grund des Arbeitsunfalls vom 31.01.2001 den Kläger mit einer Rente in Höhe von mindestens 30 v.H. zu entschädigen. Er hat ausgeführt, in den Kernspinaufnahmen seien zweifelsfrei eine inkomplette Ruptur und ein Gelenkerguss festgestellt worden. Die Beschwerden des Klägers seien darauf zurückzuführen und unfallbedingt.
Das SG hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen, ein Vorerkrankungsverzeichnis der LKK und einen Befundbericht des Dr. S., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 26.06.2002 beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr. S., Unfallchirurg, vom 23.05.2002 mit ergänzender Stellungnahme vom 16.10.2002 eingeholt. Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. A. vom 02.07.2002 vorgelegt.
Prof. Dr. S. hat ausgeführt, dass der Kläger bei dem Unfall eine schwere Prellung bzw. Zerrung erlitten habe. Auf Grund der lückenlos bestehenden Brückensymptome sei davon auszugehen, dass die jetzt bestehenden Schäden auf den Unfall zurückzuführen seien. Auf den Röntgenbildern vom 02.02.2001 sehe man zwar degenerative Veränderungen. Das Kernspintomogramm vom 06.02.2001 deute aber aufgrund der erkennbaren Ödembildung auf eine traumatische Läsion des Ansatzpunktes der Supraspinatussehne hin. Als Unfallfolge bestehe eine konzentrische Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, eine Behinderung des Kreuz- und Nackengriffs, eine leichte Muskelverschmächtigung am Unter- und Oberarm rechts sowie ein...