Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Liposuktion
Leitsatz (amtlich)
"Zur Frage der Kostenerstattung bei Liposuktion".
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.06.2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Kostenerstattung für stationär durchgeführte Liposuktionsbehandlungen im September 2016 und Januar 2017 in Höhe von 9.384,68 €.
Die Klägerin ist 19… geboren.
Mit einem am 29.04.2016 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Liposuktionsbehandlung. Beigefügt war ein Attest der A-Klinik in H-Stadt vom 25.02.2016. Darin wurde die Diagnose Lipödem II. Grades der Beine und Oberarme gestellt. Vorgeschlagen werde eine Liposuktion in zwei Schritten. Der erste Eingriff erfolge in Vollnarkose im Rahmen eines zwei- bis viertägigen stationären Aufenthaltes. Der zweite Schritt erfolge ebenfalls in Vollnarkose im Rahmen eines zwei- bis dreitägigen stationären Aufenthaltes. Um Kostenübernahme für die Operation, Nachbehandlung und notwendige Hilfsmittel werde gebeten.
Mit Schreiben vom 29.04.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den Antrag der Klägerin am 29.04.2016 erhalten habe. Zur weiteren Bearbeitung sei eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) erforderlich. Sobald die gutachterliche Stellungnahme vorliege, werde die Klägerin umgehend über die Leistungsentscheidung informiert. Das Schreiben enthielt weiter den Zusatz: "Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung nicht erstattet werden können".
Unter dem 13.05.2016 teilte der MDK Bayern mit, dass die Behandlung des Lipödems mittels Liposuktion ein neues therapeutisches Verfahren darstelle, bei dem die Datenlage noch unvollständig sei. Aus sozialmedizinischer Sicht könne die beantragte Kostenübernahme der Liposuktion nicht empfohlen werden. Auf eine ambulante komplexe physikalische Entstauungstherapie mit anschließender Kompressionsbehandlung sei zu verweisen.
Mit Bescheid vom 19.05.2016 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab.
Mit bei der Beklagten am 16.06.2016 eingegangenem Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie gab an, den am 19.05.2016 erlassenen Bescheid habe sie am 21.05.2016 erhalten.
Die Beklagte forderte von der Klägerin weitere Unterlagen an. Mit Gutachten vom 12.08.2016 nahm der MDK Bayern erneut Stellung und kam zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege ein schmerzhaftes Lipödem vor. Detaillierte Angaben zur Durchführung einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie in ausreichender Frequenz sowie zum Tragen einer Kompressionsbestrumpfung fänden sich nicht. Eine Kompressionsbehandlung mittels Bandagierung erfolge nicht. Eine adäquate Anwendung der ambulant zur Verfügung stehenden therapeutischen Möglichkeiten sei somit nicht nachvollziehbar. Eine medizinische Notwendigkeit einer Liposuktionsbehandlung sei nicht erkennbar. Im Übrigen wiesen die zur Verfügung stehenden Studien zur Liposuktion bzgl. der Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen erhebliche methodische und inhaltliche Mängel auf, so dass bezüglich der Sicherheit dieser Behandlungsmethode keine belastbaren Aussagen möglich seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit einem beim Sozialgericht Würzburg (SG) am 07.11.2016 eingegangenen Schreiben Klage erheben lassen.
Im Laufe des Verfahrens hat die Klägerin mitgeteilt, vom 06. bis 09.09.2016 und vom 25. bis 27.01.2017 seien stationär Liposuktionsbehandlungen durchgeführt worden. Sie hat Rechnungen der A-Klinik betreffend die stationären Aufenthalte und die vor- und nachstationären Behandlungen vorgelegt: vom 26.01.2017 in Höhe von 3.832,34 €, vom 13.02.2017 in Höhe von 3.070,13 €, zwei Rechnungen vom 12.06.2017 in Höhe von 1.378,60 € und in Höhe von 1.103,41 €, insgesamt 9.384,48 €.
Mit Urteil vom 20.06.2017, zugestellt an den Bevollmächtigten der Klägerin am 19.07.2017, hat das SG die Klage abgewiesen.
Es hat im Wesentlichen dargelegt, ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) scheitere daran, dass Liposuktionsbehandlung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung sei u.a. nur gegeben, wenn ein Sachleistungsanspruch bestanden habe, der rechtswidrig nicht erfüllt worden sei, und wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung bestehe.
Ein Sachleistungsanspruch der Klägerin auf eine ambulante vertragsärztliche Liposuktion scheitere daran, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die neue Behandlungsmethode der Liposuktion nicht in Richtlinien nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindun...