Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. sachlicher Zusammenhang. Unterbrechung des versicherten Weges. Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Einkauf einer Brotzeit. Vorbereitungshandlung
Orientierungssatz
Eine Arbeitnehmerin, die ihren morgendlichen Weg zur Arbeit unterbricht, um auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Brotzeit für ihre Mittagspause im Betrieb zu kaufen, steht auf dem Rückweg zu ihrem in der Nähe geparkten Pkw nicht gem § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 11.07.2006 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird zugelassen. |
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei dem Ereignis vom 13. Januar 2003 um einen Arbeitsunfall handelt und der Klägerin hieraus Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren sind.
Die 1975 geborene Klägerin ist Pflanzenbaugärtnerin und in Vollzeit tätig. Am 13. Januar 2003 verließ sie um 7.10 Uhr ihr Haus, um zur Arbeitsstätte, der Fa. J. in R. , zu fahren. Sie ging zunächst in die in der gleichen Straße schräg gegenüber der Wohnung befindliche Metzgerei, um sich für die Arbeit eine Brotzeit zu kaufen. Anschließend wollte sie zurück zu dem auf ihrem Grundstück geparkten Pkw gehen, um zur Arbeitsstätte zu fahren. Auf dem Rückweg rutschte sie im Hofbereich der Metzgerei bei Glatteis um 7.15 Uhr aus und zog sich eine Schien- und Wadenbeinfraktur rechtes Bein zu. Der Hof der Metzgerei grenzt unmittelbar an die Straße an und ist zugleich der Zugang zum Geschäftseingang.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2004 lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen. Mit Betreten des Hofbereichs habe eine Wegeunterbrechung vorgelegen, so dass mit Verlassen des öffentlichen Verkehrsraums der Versicherungsschutz geendet habe. Dieser Weg sei als eigenwirtschaftlich und deshalb unversichert anzusehen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2004 zurück. Der unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende Weg sei unterbrochen worden, da das Besorgen einer Brotzeit dem privaten Bereich zuzurechnen sei.
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Regensburg mit Urteil vom 11. Juli 2006 ab. Zwar seien durch den Einkauf von Nahrungsmitteln zum Verzehr während der Arbeit bedingte, nicht erhebliche Abweichungen vom Weg zur Arbeit versichert. Ein solcher sei jedoch für den Einkauf oder die Essenseinnahme selbst ausgeschlossen, da die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Ziff. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) nur Wege versichere. Der Versicherungsschutz ende daher beim Hinweg mit dem Betreten des Gebäudes durch die Außentür, in dem sich das Geschäft befindet, je nach Gegebenheit aber auch an anderen Grenzen, die eine Wegbeendigung ergeben. Da die Klägerin im Hof der Metzgerei ausgerutscht sei, habe sie sich noch außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes befunden und sei damit nicht unter Versicherungsschutz gem. § 8 Abs. 2 Ziff. 1 SGB VII gestanden.
Zur Begründung der Berufung wies die Klägerin darauf hin, das Sozialgericht verkenne, dass mit dem Verlassen des Gebäudes der Metzgerei der Versicherungsschutz wieder auflebe. Zwar sei sie nach dem Verlassen der Metzgerei noch außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes gestürzt, hierauf komme es jedoch nicht an. Maßgeblich sei die Außentür des Gebäudes. Das Bundessozialgericht (BSG) habe klargestellt, dass bereits die Grenze "Außentür des Gebäudes" den öffentlichen Verkehrsraum vom übrigen Bereich abtrenne. Der Hofraum vor der Metzgerei sei für jedermann zugänglich und durch keinen Gartenzaun oder ähnliches versperrt oder eingezäunt. Versicherungstechnisch sei der Hofraum als öffentlicher Verkehrsraum anzusehen. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 1 SGB VII lägen vor. Der Unfall sei auch im Rahmen eines inneren Zusammenhangs mit der beruflichen Tätigkeit erfolgt, nämlich anlässlich des Brotzeiteinkaufs für die berufliche Tätigkeit. Es habe damit eine berufliche Tätigkeit vorgelegen und keine Tätigkeit, die eigenwirtschaftlichen Interessen diente. Selbst wenn der Einkauf von Brotzeit als eigenwirtschaftliche Tätigkeit angesehen werde, sei mit dem Verlassen des Gebäudes, in dem der Einkauf getätigt wurde, der Weg zur Arbeit wieder aufgenommen worden. Die finale Handlungstendenz sei darauf gerichtet gewesen, den Weg zur Arbeit fortzusetzen. Der Versicherungsschutz sei deshalb wieder aufgelebt, als sie sich auf dem Weg zu ihrem Fahrzeug befand. Es sei Intention des Gesetzgebers, den Weg von der Wohnungstür zum Fahrzeug unter Versicherungsschutz zu stellen.
Die Beklagte verwies auf die neuere Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 9. Dezember 2003, Az.: B 2 U 23/03 R). Der Versicherungsschutz richte sich nach der "finalen Handlungstendenz"; er erlösche, sobald der...