Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage. Feststellungsinteresse. Amtshaftung. Wiederholungsgefahr. Rehabilitationsinteresse. Außenprüfung gem § 304 SGB 3
Orientierungssatz
Zur Frage des berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Prüfungsverfügung im Verlauf einer Außenprüfung gem § 304 SGB 3, wenn das Feststellungsinteresse mit einem Rehabilitationsinteresse, mit Wiederholungsgefahr und Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses begründet wird.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.02.2004 in Ziffer II des Urteilstenors aufgehoben.
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Verfahrenskosten beider Rechtszüge.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung der Rechtmäßigkeit einer Prüfungsverfügung der Beklagten vom 02.10.2002.
Am 02.10.2002 erfolgte durch zwei Bedienstete der Arbeitsagentur (AA) N. in den Räumen der Klägerin in der R.straße in N. eine Außenprüfung gemäß § 304 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 107 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) sowie des § 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG). Die Bediensteten übergaben der anwesenden Buchhalterin eine schriftliche Prüfungsverfügung vom 02.10.2002. Im Verlauf der Prüfung fanden die Prüfer ihrer Meinung nach Hinweise auf illegale Ausländerbeschäftigung, des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung. In der Folge soll es zu Handgreiflichkeiten mit den Geschäftsführern der Klägerin gekommen sein. Die Mitarbeiter der Beklagten verließen die Firmenräume und verständigten die Polizei. Bei deren Eintreffen sollen den Prüfern zuvor gezeigte Unterlagen bereinigt gewesen sein. Die Beklagte erstattete Strafanzeige wegen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Die Geschäftsführer wurden jeweils mit Strafbefehlen über 60 Tagessätze wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt. Diese Strafbefehle sind rechtskräftig.
Gegen die Prüfungsverfügung vom 02.10.2002 legte die Klägerin am 17.10.2002 Widerspruch ein. Die Prüfungsverfügung habe sich nur gegen die "T. GmbH" nicht jedoch gegen die "I.-GmbH" gerichtet. Es fehle mithin bereits an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe der Prüfungsverfügung. Daher sei das Handeln der Bediensteten rechtswidrig gewesen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 11.03.2003 zurück. Die Prüfungsverfügung, die wirksam auch mündlich hätte erfolgen können, sei angesichts der korrekten Firmenanschrift ohne weiteres nachvollziehbar gewesen und habe auch vor Ort korrigiert werden können.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Die Prüfungsverfügung habe den Adressaten nicht erkennen lassen und sei zudem zu unbestimmt gewesen. Außerdem seien die §§ 304 ff SGB III wegen möglicher Grundrechtseingriffe nicht verfassungsgemäß. Insbesondere liege ein Verstoß gegen Artikel 13 Grundgesetz (GG) und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Auch seien datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht beachtet worden.
Mit Urteil vom 03.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Feststellungsantrag sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte habe zu Recht eine Prüfung gemäß §§ 304 ff SGB III angeordnet und durchgeführt. Diese liege im Ermessen der Beklagten, ein bestimmter Verdacht sei dazu nicht erforderlich. Auch habe es keiner schriftlichen Prüfungsanordnung bedurft. Die Klägerin sei in dem Vordruck hinreichend bestimmt bezeichnet worden und die Prüfungsverfügung sei auch nicht zu unbestimmt gewesen, denn in ihr sei im Einzelnen aufgeführt, wegen welcher möglicher Verstöße eine solche Prüfung habe angeordnet werden dürfen. Die §§ 304 ff SGB III genügten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Es handele sich um besondere gesetzliche Bestimmungen, die zum Betreten von Geschäftsräumen ermächtigten. Das Betreten der Räume zur Besichtigung und Prüfung diene einem erlaubten Zweck; das Gesetz lasse Zweck der Prüfung, Gegenstand und Umfang deutlich erkennen. Auch hätten die Räumlichkeiten nur während der geschäftlichen oder betrieblichen Nutzung betreten werden dürfen. Die Beklagte habe die Grenzen der Datenerhebung und -verwertung beachtet und sich verpflichtet, nicht benötigte Daten im Anschluss an deren Beiziehung zu vernichten. Ein Verstoß gegen den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art 14 GG) sei nicht erkennbar. Insoweit regelten §§ 304 ff SGB III Inhalt und Schranken der Ausübung des Grundrechts. Es stelle keine besondere Beeinträchtigung des Arbeitgebers dar, wenn er bei Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten bestimmte Unterlagen in seinen Geschäftsräumen vorlegen und durch eine fachkundige Stelle überprüfen lassen müsse.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt u...