Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Ermittlung des Wertes einer Immobilie
Leitsatz (amtlich)
Bei der Beurteilung, ob vorhandenes Vermögen Leistungen nach dem SGB II ausschließt, darf der Wert einer Immobilie nach Aktenlage geschätzt werden, wenn der Eigentümer bei der Wertermittlung nicht mitwirkt.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. April 2019 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zuletzt ein Anspruch der Klägerin auf SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.10.2016 bis 30.9.2018, insbesondere ob die Klägerin über verwertbares, den Freibetrag übersteigendes Immobilienvermögen verfügt.
Die 1954 geborene Klägerin, die seit 1.8.2020 Altersrente bezieht, ist Alleineigentümerin eines freistehenden Einfamilienhauses in der Gemarkung G, Markt P, A Straße. In der Zeit von 1990 bis 2003 war die Klägerin Geschäftsführerin einer GmbH. Rentenanwartschaften wurden in der Zeit von April 1991 bis September 2003 nicht erworben. Die Wohnfläche des im Jahr 2002 gebauten und von der Klägerin allein bewohnten Hauses beträgt mindestens 160 qm, das dazugehörige Grundstück ist 625 qm groß. Im Jahr 2004 wurde im Grundbuch zu Gunsten der Schwester der Klägerin eine Grundschuld in Höhe von 300.000 € eingetragen zur Sicherung sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger Ansprüche aus der Gewährung von Darlehen. Die Grundschuld wird mit 3 vH jährlich verzinst, fällig jeweils im Januar des Folgejahres. Im Jahr 2013 ließ der Beklagte ein Gutachten zum Verkehrswert des Hausgrundstücks der Klägerin durch den Gutachterausschuss des Landkreises erstellen. Das zum Stichtag 2.10.2013 erstellte Gutachten ermittelte einen Verkehrswert in Höhe von ca. 250.000 € (mit Nebengebäude und Außenanlage).
Mit Senatsurteil vom 15.11.2018 (L 7 AS 144/17; S 11 AS 181/16) wurde die Berufung der Klägerin auf der Grundlage des vom Sozialgericht eingeholten Verkehrswertgutachtens vom 13.10.2016 (Wert zum Stichtag 1.10.2013 260.000 €, zum 1.8.2014, 1.8.2015 und 1.2.2016 jeweils 270.000 €) betreffend die u.a. streitigen Zeiträume ab Oktober 2013 bis Oktober 2014 und von September 2015 bis August 2016 als unbegründet zurückgewiesen, da die Klägerin über verwertbares, nicht geschütztes Vermögen verfüge, das den Freibetrag bei weitem übersteige.
Mit Schreiben vom 27.10.2016 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut SGB II-Leistungen. Laut Aufstellung der Klägerin über die Höhe der von ihrer Schwester gewährten Kredite zur Finanzierung des Hauses beliefen sich die Verbindlichkeiten der Klägerin zum 1.1.2017 auf insgesamt 193.339,37 € (Darlehen für das Haus: 91.576,24 €, Darlehen zur Vorfinanzierung von Leistungen nach dem SGB II: 101,763,13 €). Die monatlichen Zinsen für den Hauskredit wurden dabei für das Jahr 2016 mit 363,40 € angegeben.
Mit Bescheid vom 25.1.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Klägerin über verwertbares Vermögen in Höhe von 76.660,63 € verfüge, das den Vermögensfreibetrag in Höhe von 9.900 € übersteige, und daher nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 22.2.2017 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.3.2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 25.10.2017 stellte die Klägerin erneut Antrag auf Bewilligung von SGB II-Leistungen ab dem 1.10.2017. Die Höhe der Darlehen bei ihrer Schwester bezifferte die Klägerin dabei zum 30.9.2017 auf insgesamt 205.034,04 € (Darlehen für das Haus 95.010,34 €, sonstige Darlehen 110.023,70 €). Die monatlichen Zinsen für das Hausdarlehen gab sie mit monatlich 381,57 € für 2017 an (bzw. mit 425,68 €, ab 1.1.2018 mit 400,65 €.
Mit Schreiben vom 4.12.2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der durch das Sozialgericht Landshut beauftragte Architekt den Verkehrswert der Immobilie der Klägerin zum Bewertungsstichtag 1.2.2016 mit 270.000 € festgesetzt habe. Demgegenüber stünden dinglich gesicherte Verbindlichkeiten in Höhe von 205.034,04 €. Der Vermögensfreibetrag belaufe sich auf derzeit 10.200 €. Soweit der Klägerin eine sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich sei, könne der Beklagte die Leistungen als Darlehen erbringen. Der Klägerin werde gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II zur Auflage gemacht, dass sie bis spätestens 29.12.2017 eine Grundschuld zur dinglichen Sicherung in Höhe von 10.000 € zu Gunsten des Beklagten beim Notar eintragen lasse. Die Klägerin werde um Erledigung des Schreibens bis spätestens 29.12.2017 gebeten. Sollte die Grundschuld nicht eingetragen werden, müsse der Antrag vom 25.10.2017 abgelehnt werden. Eine darlehensweise Bewilligung sei ohne Eintragung einer Grundschuld ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 21.12.2017 legte die Klägerin gegen den "Bescheid vom 04.12.2017" Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Begründung an das Bay. Landessozialgericht im Rahmen des damals noch anhängigen B...