Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag. unmittelbare Aufnahme der selbständigen Tätigkeit. Bezug von Entgeltersatzleistung. Bestehen eines Stammrechts. Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Sperrzeit

 

Orientierungssatz

Eine Entgeltersatzleistung ist im Sinne des § 28a Abs 1 S 2 SGB 3 auch dann bezogen, wenn lediglich ein Stammrecht besteht, der Auszahlungsanspruch aber in Folge einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3 ruht (Anschluss an LSG Stuttgart vom 15.03.2011 - L 13 AL 1008/10).

 

Normenkette

SGB III § 28a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 2; SGB III a.F. § 116 Nr. 1, § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.04.2016; Aktenzeichen B 5 AL 1/15 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.05.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Kläger ab dem 05.12.2008 antragspflichtversichert ist.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab dem 05.12.2008 zur freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung berechtigt ist.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.05.2001 bis 31.10.2008 als Entwicklungsingenieur beschäftigt. Am 30.07.2008 meldete sich der Kläger mit Wirkung zum 01.11.2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Am 27.08.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 des Dritten Sozialgesetzbuchs (SGB III), da er am 05.12.2008 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter aufnehmen werde.

Mit Bescheid vom 14.11.2008 verfügte die Beklagte ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III für die Zeit vom 01.11.2008 bis 23.01.2009.

Mit Veränderungsanzeige vom 09.12.2008 gab der Kläger an, dass er am 05.12.2008 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen habe.

Mit Bescheid vom 05.03.2009 bewilligte die Beklagte einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 24.01.2009 bis 23.10.2009. Wegen der o.g. Sperrzeit wurde der Gründungszuschuss erst ab dem 24.01.2009 ausgezahlt.

Mit Bescheid vom 24.04.2009 (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 30.07.2009) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 09.12.2008 auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ab.

Die Beklagte führte in den ablehnenden Bescheiden aus, dass gemäß § 28a Abs. 1 SGB III Personen, die eine selbständige Tätigkeit mit dem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben, auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis begründen können (§ 28a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III). Voraussetzung sei, dass 1. der Antragsteller innerhalb der letzten zwölf Monate vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des § 28 Abs. 1 SGB III gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen habe, 2. der Antragsteller unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des 1. Abschnitts gestanden oder eine Entgeltersatzleistung bezogen habe und 3. Versicherungspflicht anderweitig nicht bestehe.

Die Beklagte stützte die Ablehnung darauf, dass der Kläger nicht unmittelbar vor seiner Selbständigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Er sei bis 31.10.2008 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ab dem 05.12.2008 sei daher nicht unmittelbar im Sinne von § 28a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III.

Hiergegen erhob der Kläger am 25.08.2009 Klage zum Sozialgericht München (SG) und trug zur Begründung vor, er habe sich schon vor dem 05.12.2008 selbständig gemacht, lediglich die Gewerbeanmeldung sei erst zum 05.12.2008 erfolgt. Er habe trotzdem schon im November 2008 selbständig mehr als 15 Stunden pro Woche gearbeitet.

Die Beklagte wies diesen Vortrag als Schutzbehauptung zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass “unmittelbar„ bedeute, dass von einer Monatsfrist auszugehen sei. Der Kläger habe sich deshalb am 05.12.2008 nicht unmittelbar nach Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses am 31.10.2008 selbständig gemacht.

Das SG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag könnten Personen begründen, die innerhalb der letzten 12 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben oder eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen haben und wenn diese unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben. Diese Voraussetzungen seien b...

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