Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnung der stationären Behandlung im Rahmen von zwei Aufenthalten. Unzulässigkeit der Fallzusammenführung aus wirtschaftlichen Gründen. Voraussetzungen für Beurlaubung
Leitsatz (amtlich)
Eine Fallzusammenführung aus wirtschaftlichen Gründen ist dann unzulässig, wenn der Zeitraum zwischen zwei stationären Krankenhausaufenthalten allein medizinisch begründet ist.
Orientierungssatz
Für die Beurlaubung eines Patienten ist dessen Initiative zur Behandlungsunterbrechung und die Zustimmung des Krankenhauses notwendig.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 08.09.2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens auch in der Berufungsinstanz.
III. Der Streitwert wird auf 3.426,48 € festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenständlich ist die Vergütung von in zwei stationären Krankenhausaufenthalten erbrachten Leistungen.
1. Der Versicherte der Beklagten Herr W. G. (im Folgenden W.G.) wurde im Plankrankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Der erste stationäre Aufenthalt des Versicherten vom 08.06. bis zum 20.06.2012 wurde - nunmehr unstreitig - auf der Basis der DRG F54Z mit 4.558,90 € abgerechnet und vergütet. Der zweite Aufenthalt des Versicherten vom 25.06.2012 bis 20.07.2012 wurde unter Zugrundelegung der DRG I13 B in Höhe von 7.008,99 € abgerechnet und vergütet.
W.G. litt, wie bereits bei einem stationären Aufenthalt vom 06.04.-13.04.2012, erneut an einer postoperativen Wundheilungsstörung mit einem erneuten Sprunggelenksempyem und Weichteilmazerationen. Im Aufenthalt von 08.06.-20.06.2012 wurden Maßnahmen der konservativen Versorgung mit regelmäßigen Wundspülungen und systemischer Antibiose durchgeführt. Am 12.06.2012 wurde in der Echokardiographie eine Kardiomegalie diagnostiziert. W.G. begann kardial zu dekompensieren, so dass am 18.06.2012 eine Koronarangiographie und eine Behandlung mit Plavix erforderlich wurden. In einem unfallchirurgischen Konsil stellte Prof. T. vom Klinikum A-Stadt fest, dass eine konservative Versorgung zur Infektsanierung im Knochen nicht ausreicht und operative Maßnahmen (Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks) vorzunehmen sind. Zunächst musste jedoch der Rückgang der Plavixwirkung vor einem operativen Eingriff wegen der Gefahr von Blutgerinnungsstörungen abgewartet werden. Die operative Behandlung während des zweiten Aufenthalts vom 25.06.2012-20.07.2012 zur Versteifung des Sprunggelenks durch Prof. T. und zur Hämatomausräumung verlief komplikationslos.
2. Die Beklagte beauftragte den MDK mit der Prüfung unter anderem einer Fallzusammenführung. Dieser empfahl die Fallzusammenführung, da ohne die Plavix-Medikation ein operativer Eingriff noch während des ersten Aufenthalts durchgeführt hätte werden können. Der Eingriff habe nur wegen der Medikation um mindestens sieben Tage aufgeschoben werden müssen. Als Alternative eines Aufschubs habe das Krankenhaus die Entlassung gewählt. Es lägen daher nur scheinbar zwei getrennte Krankenhausaufenthalte vor.
In einem weiteren Gutachten teilte der MDK mit, es handele sich um eine Unterbrechung einer noch nicht abgeschlossenen Krankenhausbehandlung und damit um eine "de facto Beurlaubung/Fallsplitting". Hierzu sei in § 1 Abs. 7 der Fallpauschalenvereinbarung (Version 2012, im Folgenden "FPV") explizit ausgewiesen, dass ein derartiger Fall nicht mit der Wiederaufnahmeregelung nach § 2 FPV zu beurteilen sei.
Die Beklagte führte die Fallzusammenführung durch und rechnete in Höhe von 3.426,48 € mit unstreitigen Forderungen der Klägerin auf.
3. Die Klägerin hat Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und den aufgerechneten Betrag in Höhe von 3.426,48 € geltend macht. Die Behandlung des W.G. sei medizinisch zwingend in zwei getrennten stationären Aufenthalten durchzuführen gewesen. Aus § 8 Abs. 2 S. 1 KHEntgG ergebe sich der Grundsatz der getrennten Abrechnung jedes einzelnen durchgeführten Behandlungsfalles. Ein Ausnahmetatbestand der FPV für die Fallzusammenführung liege hier nicht vor, eine erweiternde Auslegung sei nicht zulässig. Auch eine Beurlaubung liege nicht vor, denn diese setze untrennbar den Wunsch des Patienten nach Unterbrechung der Krankenhausbehandlung voraus. Dagegen habe vorliegend das Krankenhaus den Aufenthalt aus rein medizinischen Erwägungen beendet.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe, soweit die konservative Behandlung während des ersten Aufenthalts nicht zu einem Behandlungsende gelangt sei und bereits zu diesem Zeitpunkt ein weiterer Aufenthalt für die Versteifung des Sprunggelenks geplant und notwendig gewesen sei, durch ihre Vorgehensweise gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen. Sie hat sich dabei auf ein Urteil des BSG vom 01.07.2014 (Az: B 1 KR 62/12 R) berufen, wonach das Krankenhaus bei unwirtschaftlichem Verhalten nur die Kosten des wirtschaftlichen Alternativverhaltens verlangen könne. Dies wären hier die Kosten nach Fallzusammen...