Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der für den Zeitpunkt der Ehescheidung ermittelte Unterhaltsbetrag entsprechend der seit der Ehescheidung eingetretenen Steigerung der Lebenshaltungskosten auf die Zeit des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten zu projizieren ist.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufteilung einer Witwenrente.
Der 1941 geborene Versicherte L. A. (Versicherter) ehelichte am 30. April 1970 die 1945 geborene Beigeladene. Ausweislich des rechtskräftig gewordenen Endurteils des Landgerichts C-Stadt vom 22. Oktober 1974 wurde die kinderlos gebliebene Ehe aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag aus dem Verschulden des Versicherten geschieden. Am 15. Juli 1983 ehelichte der Versicherte die Klägerin. Am 15. Juni 1983 trat beim Versicherten Arbeitsunfähigkeit ein, nachdem er an einem Bronchialkarzinom erkrankt war. Am 2. Mai 1984 ist der Versicherte verstorben.
Der Versicherte erzielte ausweislich seines Versicherungsverlaufs aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ein Bruttoarbeitsentgelt
im Jahr 1973 in Höhe von 25.310 DM,
im Jahr 1974 in Höhe von 28.280 DM,
im Jahr 1982 in Höhe von 54.522 DM,
von Januar bis Juni 1983 in Höhe von 27.522,64 DM und zuletzt
vom 1. bis 17. Juli 1983 in Höhe von 2.599,36 DM.
Im Anschluss daran bezog er bis 31. Dezember 1983 von der AOK C-Stadt Krankengeld in Höhe von 88,93 DM kalendertäglich, ab 1. Januar 1984 bis zu seinem Tod am 2. Mai 1984 in Höhe von 78,66 DM kalendertäglich. Auf einen in einen Rentenantrag umgedeuteten Antrag des Versicherten auf Rehabilitationsleistungen vom 20. Oktober 1983 hin erkannte die Beklagte mit an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 21. Juni 1984 für den mittlerweile bereits verstorbenen Versicherten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1983 bis 31. Mai 1984 in Höhe eines Zahlbetrags von monatlich 1.564,- DM an. Zur Auszahlung der Nachzahlung kam es aufgrund des (höheren) Erstattungsanspruchs der AOK C-Stadt nicht.
Die Beklagte gewährte der Klägerin antragsgemäß mit Bescheid vom 30. Juli 1984 Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des Versicherten in Höhe von 418,30 DM ab September 1984. Mit Bescheid vom 21. Februar 1989 wurde die Witwenrente ab Mai 1989 neu berechnet. Es ergab sich ein monatlicher Zahlbetrag von 1026,16 DM ab 1. Juni 1989.
Mit Antrag vom 25. April 2007 begehrte die Beigeladene Geschiedenenwitwenrente von der Beklagten. Sie gab an, vor dem Tod des Versicherten nicht wieder geheiratet oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet zu haben. Der Versicherte habe während des gesamten letzten Jahres vor seinem Tod keinen Unterhalt geleistet. Zum Zeitpunkt des Todes sei der Versicherte nicht zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe habe der Versicherte ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 2.500,- DM erhalten. Er sei zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe nicht anderen Personen zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Zum Zeitpunkt des Todes habe das monatliche Nettoeinkommen des Versicherten 4.300,- DM betragen. Die Beigeladene habe zum Zeitpunkt der Auflösung der Ehe ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 1.100,- DM, zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 2.000,- DM erhalten. Aus dem Versicherungsverlauf der Beigeladenen ergeben sich folgende Entgelte:
1972: 13.125,68 DM
1973: 13.055,- DM
1974: 16.042,- DM
1975: 21.928,- DM
1976: 22.430,- DM
1982: 32.814,- DM
1983: 34.311,- DM
1984: 37.325,- DM
1985: 37.295,- DM
Ab 1. August 2002 ist die Beigeladene in Altersteilzeit beschäftigt gewesen, seit 1. August 2007 bezieht sie Rente.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach Aktenlage die Voraussetzungen für eine Gewährung von Geschiedenenwitwenrente an die Beigeladene erfüllt seien. Seien mehrere Berechtigte vorhanden, werde die Hinterbliebenenrente nach dem Verhältnis der jeweiligen Ehedauer mit dem Versicherten aufgeteilt. Die Gelegenheit zur Äußerung wurde eingeräumt. Die Klägerin erklärte insoweit, ein Anspruch auf Geschiedenenwitwenrente bestehe nur dann, sofern eine Witwenrente nicht zu zahlen sei. Die Beigeladene habe weder Unterhalt vor dem Tod des Versicherten erhalten noch einen Anspruch hierauf gehabt.
Mit Bescheid vom 14. August 2007 gewährte die Beklagte der Beigeladenen große Witwenrente an Geschiedene ab 1. Juni 2007 in Höhe von monatlich 528,72 Euro.
In dem Bescheid ist folgender Hinweis enthalten: "Wir weisen darauf hin, dass ein Rechtsbehelf eines weiteren Berechtigten gegen die Aufteilung der Rente sich auch gegen diesen Bescheid richtet. Sollten wir dabei feststellen, dass dieser allein rentenberechtigt ist, entfällt...