Entscheidungsstichwort (Thema)

Bayerisches Landeserziehungsgeld. Anrechnung von Einkommen des nichtehelichen Lebenspartners. fehlender Unterhaltsanspruch. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz. Schutz der Familie. Eheähnliche Gemeinschaft. Gemeinsame Haushaltsführung. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anrechnung von Einkommen eines Partners im Rahmen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft setzt nicht voraus, dass gegen den Partner auch ein Unterhaltsanspruch besteht.

 

Orientierungssatz

Die erziehungsgeldrechtliche Situation einer Mutter, die ohne Unterhaltsanspruch in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht mit der erziehungsgeldrechtlichen Situation von Alleinerziehenden ohne Unterhaltsanspruch vergleichbar.

 

Normenkette

BayLErzGG Art. 5 Abs. 1; BErzGG § 6 Abs. 3 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 05.05.2015; Aktenzeichen B 10 EG 1/15 B)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 19.07.2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Landeserziehungsgeld nach dem Bayer. Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) und hier insbesondere die Anrechnung der Einkünfte des beigeladenen Vaters des Kindes streitig.

Die 1974 geborene Klägerin ist die Mutter des am 27.06.1998 geborenen Kindes P. Die Klägerin war vor der Geburt P. als Erzieherin in Teilzeit (34 Std./Woche) nicht selbständig erwerbstätig und befand sich danach in Erziehungsurlaub. Die Klägerin ist mit dem am 1965 geborenen beigeladenen Vater B. nicht verheiratet, lebte aber mit ihm in einer Wohnung zusammen.

Für die Betreuung und Erziehung P. bezog die Klägerin zunächst Bundeserziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für das 1. Lebensjahr auf der Grundlage des Bescheides vom 02.02.1999. Den Antrag der Klägerin auf BErzGG für das 2. Lebensjahr vom 17.04.2001 hat der Beklagte wegen verspäteter Antragstellung abgelehnt.

Mit Formularantrag vom 17.04.2001 hat die Klägerin Antrag auf Bewilligung von Landeserziehungsgeld gestellt, den der Beklagte mit Bescheid vom 03.05.2011 abgelehnt hat. Das Landeserziehungsgeld sei einkommensabhängig und betrage 5/6 des zustehenden Bundeserziehungsgelds für das 2. Lebensjahr des Kindes, höchstens 500,- DM monatlich. Ergebe sich bei der Berechnung ein Landeserziehungsgeld von monatlich weniger als 40,- DM, werde dieser Betrag nicht gewährt (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 BayLErzGG). Im Fall der Klägerin errechne sich ein Landeserziehungsgeldbetrag von weniger als 40,- DM monatlich, so dass die Zahlung von Landeserziehungsgeld nicht möglich sei. Zur Berechnung des Landeserziehungsgeldes werde das Einkommen herangezogen, das der Berechnung des Bundeserziehungsgeldgesetzes für das 2. Lebensjahr zugrunde zu legen sei. Hiervon ausgehend überschreite das zu berücksichtigende Einkommen der Klägerin und ihres Partners die Einkommensgrenze von 29.400,- DM gemäß § 5 Abs. 1 BayLErzGG i.V.m. §§ 5, 6 BErzGG. Dabei berücksichtigte der Beklagte das im Kalenderjahr 1999 erzielte Bruttoeinkommen des Beigeladenen in Höhe von 67.940,00 DM, wovon Werbungskosten in Höhe von 2.000,- DM abgezogen worden seien. Unter Absetzung des Pauschalabzuges von 27 % (= 17.803,80 DM) hat der Beklagte ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 48.136,20 DM sowie hieraus ein anzurechnendes monatliches Einkommen in Höhe von 625,- DM errechnet, so dass sich kein Anspruch auf Landeserziehungsgeld ergab.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 04.03.2001. Die Rechtswidrigkeit/Verfassungswidrigkeit ergebe sich insbesondere aus dem Zusammenhang mit der Besteuerung. Mit weiterem Schreiben vom 30.06.2001 trug die Klägerin vor, dass es sich bei der Besteuerung des Vaters ihres Kindes nicht steuermindernd auswirke, dass er Unterhalt an sie zu zahlen habe, aber bei der Berechnung des Erziehungsgeldes werde dieser Unterhaltsanspruch angerechnet. Da die Familie unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stehe, dürfe der Staat auch bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften nicht jeweils den für die Familie ungünstigeren Weg wählen, sondern habe sich einheitlich sowohl in seiner Eigenschaft als Finanz- wie als Versorgungsamt zu entscheiden, ob eine Gleichbehandlung mit einer ehelichen Familie erfolgen solle. Es werde darauf hingewiesen, dass auch gegen den Steuerbescheid des Vaters Einspruch eingelegt worden sei und das dortige Verfahren zunächst zum Abschluss geführt werden sollte. Erst wenn das dortige Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, stehe fest, ob der Bescheid im hiesigen Verfahren rechtswidrig sei.

Der Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2001 zurückgewiesen. Der Widerspruch sei zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Landeserziehungsgeldanspruch entfalle, wenn die Kürzung, bezogen auf einen vollen Lebensmonat, ein La...

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