Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Anstellungsgenehmigung. Inhaberschaft. Übertragung im Nachbesetzungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn nach dem klaren Wortlaut eines Genehmigungsbescheides des Zulassungsausschusses ein Vertragsarzt, nicht aber die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), in der er tätig war, Inhaber einer streitigen Anstellungsgenehmigung ist, ist eine andere Auslegung des Bescheides auch im Hinblick auf zivilrechtliche Vereinbarungen der BAG-Partner, Arbeitsverträge uä nicht möglich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R = BSGE 121, 154 = SozR 4-2500 § 103 Nr 19, das keine Aussage zu bestandskräftigen Anstellungsgenehmigungen, die einem einzelnen Vertragsarzt erteilt worden sind, trifft.

2. Die Trägerin eines MVZ, der die Genehmigung zur Beschäftigung eines Vertragsarztes als angestelltem Arzt im MVZ zur Fortführung von dessen ausgeschriebener Praxis erteilt worden ist, hat als Nachfolgerin Anspruch auf Erteilung von Genehmigungen zur Beschäftigung angestellter Ärzte. Die Anstellungsgenehmigung, die sich akzessorisch zu der gemäß § 103 Abs 4c SGB V übernommenen Zulassung verhält, konnte zusammen mit dem Vertragsarztsitz im Rahmen des nach § 103 Abs 4 SGB V erfolgten Nachbesetzungsverfahrens übertragen werden.

3. § 95 Abs 9b SGB V, nach dem die Möglichkeit der Umwandlung einer Anstellungsgenehmigung in eine Zulassung und eines nachfolgenden Nachbesetzungsverfahrens besteht, ist nicht zu entnehmen, dass eine Anstellungsgenehmigung ausschließlich durch vorherige Umwandlung in eine Zulassung übertragen werden kann.

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 3) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) jeweils zur Hälfte.

Im Übrigen sind Kosten der Beigeladenen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Zuordnung einer Anstellungsgenehmigung streitig.

Mit bestandskräftigem Beschluss vom 21.05.2014 erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte (ZA) dem Kläger zu 2), der zu diesem Zeitpunkt als zugelassener Facharzt für Pathologie Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), der Beigeladenen zu 3), war, die Genehmigung zur Beschäftigung der Beigeladenen zu 4), einer Fachärztin für Pathologie, als angestellte Ärztin am Vertragsarztsitz D mit einem Tätigkeitsumfang von 40 Wochenstunden (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0). In dem Planungsbereich seien Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Pathologen angeordnet. Es handle sich um eine Nachbesetzung für einen zum 30.09.2013 ausgeschiedenen, als angestellter Arzt tätigen Pathologen. Unter "Hinweise" ist u.a. ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen eine Umwandlung einer Anstellung nach § 95 Abs. 9b SGB V in eine Zulassung in Betracht kommt, dass mit dem Ende der Zulassung des anstellenden Vertragsarztes auch die Rechte und Pflichten des angestellten Arztes (insbesondere zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung) aus der hier erteilten Genehmigung entfallen und dass eine etwaige Nachbesetzung der vorliegend genehmigten Arztstelle der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses bedarf.

Nachdem der Kläger zu 2) den BAG-Vertrag zum 31.12.2016 gekündigt hatte, beantragte er am 17.05.2016 beim ZA die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 3a i.V.m. Abs. 4 SGB V. Er verfüge am Vertragsarztsitz über eine Vollzulassung. Beantragt werde eine Vollausschreibung. Die Beendigung sei zum 31.12.2016 wegen einer beruflichen Neuorientierung geplant. Als Praxisbesonderheit war angegeben, dass eine BAG bestehe und die "Praxisübergabe inclusive einem zweiten Pathologensitz im Anstellungsverhältnis" erfolgen solle. Es werde der Verzicht auf die Zulassung unter der Bedingung erklärt, dass ein Nachfolger zugelassen werde.

Mit Beschluss vom 15.06.2016 gab der ZA dem Antrag des Klägers zu 2) "auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens (Praxisbesonderheit: Angestellte Ärztin J) nach §103 Abs. 3a S.1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 SGB V" für den Vertragsarztsitz in D statt. Bezüglich dieses Beschlusses ist unter dem Aktenzeichen S 49 KA 97/17 eine am 14.03.2017 von der Beigeladenen zu 3) erhobene, auf Antrag der Beteiligten ruhend gestellte, Fortsetzungsfeststellungsklage anhängig.

Am 01.07.2016 schrieb die Beigeladene zu 5) die Praxis für Pathologie des Klägers zu 2) mit einer Bewerbungsfrist bis zum 15.07.2016 im Bayerischen Staatsanzeiger aus. Als Praxisbesonderheit war angegeben: "H, angestellte Ärztin (40 Stunden/ Woche)". Mit Schreiben vom 04.07.2016 bewarb sich die Klägerin zu 1), Trägerin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit Sitz in A, um die ausgeschriebene pathologische Zulassung inklusive Anstellungsgenehmigung, die vom MVZ übernommen werden sollten. Das MVZ solle für 4 Pathologen, u.a. den Kl...

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