nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 27.10.1998; Aktenzeichen S 5 AL 777/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.10.1998 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Klage wird der Bescheid vom 11.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.1997 aufgehoben.
III. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er für seine Fahrertätigkeit auf dem LKW eines deutschen Unternehmens im Auftrag seines türkischen Arbeitgebers im grenzüberschreitenden Güterverkehr in Deutschland keiner Arbeitserlaubnis bedarf.
Der Kläger ist türkischer Staatsbürger mit Wohnort in der Türkei und seit 1995 als Fahrer auf in Deutschland zugelassenen LKWs des Transportunternehmens K. Internationale Transporte in H. im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei eingesetzt. Der Kläger ist Arbeitnehmer bei dem türkischen Unternehmen E. I ... Dieses Unternehmen übernimmt mit seinen Arbeitnehmern die von Kacar mit vollständigen Papieren versehenen, beladenen und gewarteten LKWs in Deutschland und überführt diese in die Türkei, löscht dort die Ladung und bringt die LKWs zurück.
Dem Kläger war zuletzt eine Arbeitserlaubnis (AE) für die beschriebene Tätigkeit, soweit sie Deutschland berührt, bis zum 30.04.1997 erteilt worden. Sein Antrag auf Arbeitserlaubnis für die Zeit ab 01.05.1997 wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes H. vom 11.06.1997 idG des Widerspruchsbescheides vom 12.09.1997 abgelehnt. Die beabsichtigte Tätigkeit sei gemäß § 9 Nr 2 der Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) in der seit dem 01.10.1996 gültigen Fassung nicht (mehr) arbeitserlaubnisfrei. Eine Arbeitserlaubnis nach der Anwerbestopp-Ausnahme-Verordnung (ASAV) komme ebenfalls nicht in Frage, da der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Ausland habe.
Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg.
Der Inhaber des Transportunternehmens K. Internationale Transporte erwirkte im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Bayreuth mit Beschluss vom 14.11.1997 (Az: S 7 VR 25/97 AL) ua die Feststellung, dass der Kläger, soweit er auf den LKWs der K. Internationale Transporte im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr eingesetzt sei, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache diese Tätigkeit arbeitserlaubnisfrei ausüben dürfe.
Das SG Nürnberg hat mit Urteil vom 27.10.1998 der Klage des Klägers stattgegeben. Er habe die streitrelevante Tätigkeit schon vor dem Inkrafttreten der Änderung des § 9 Nr 2 AEVO (30.09.1997) ausgeübt, mit der nunmehr bestimmt werde, dass nur noch solche ausländischen Arbeitnehmer arbeitserlaubnisfrei seien, die im grenzüberschreitenden Güterverkehr bei einem Unternehmer mit Sitz im Ausland auf einem im Sitzstaat zugelassenen LKW tätig seien. Da die Neuregelung des § 9 Nr 2 AEVO keine Übergangsregelungen für Personen wie dem Kläger beinhalte - eine solche aber aus dem verfassungsmäßigen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten sei - sei für den Kläger die bis zum 10.10.1996 gültige Fassung des § 9 Nr 2 AEVO weiter anzuwenden. Die Rechtslage habe sich auch durch das zwischenzeitlich in Kraft getretene Arbeitsförderungsreformgesetz nicht geändert. Soweit die Beklagte auf Verstöße gegen güterkraftverkehrsrechtliche Regelungen und das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verweise, könne dies nicht Gegenstand des Verfahrens sein. Die Beklagte könne sich darauf auch nicht berufen, denn sie habe die angestrebte Tätigkeit jahrelang gebilligt und AE erteilt.
Gegen die Entscheidung des SG Nürnberg, die der Beklagten am 20.11.1998 zugestellt wurde, hat diese am 18.12.1998 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, die Einschränkung der Erlaubnisfreiheit für die Tätigkeit von LKW-Fahrten im grenzüberschreitenden Verkehr sei auch ohne Übergangsregelung möglich. Ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot könne allenfalls von Fuhrunternehmern behauptet werden. Eine Einschränkung von deren Rechten müsse angesichts der seit 10.10.1996, also schon vor langer Zeit eingeführten Rechtsänderung inzwischen hingenommen werden. Sie betreffe den Kläger gar nicht. Er könne aber auch aus den zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei geschlossenen Vereinbarungen besondere Rechte nicht herleiten. Das entsprechende Assoziierungsabkommen und hierauf beruhende Beschlüsse beträfen den Kläger nicht. Denn er habe, was Voraussetzung für seine besondere Berechtigungen als türkischer Staatsangehöriger im Rahmen des Arbeitserlaubnisrechts gegenüber sonstigen Ausländern sei, in Deutschland keinen Wohnsitz. Deshalb könnten für ihn Sonderrechte gar nicht entstanden sein.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 27.10.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten...