Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte: Neuberechnung einer Altersrente eines verheirateten Landwirts bei Bezug einer Rente durch den Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Gegen die Neuberechnung einer Altersrente eines verheirateten Landwirts unter Zugrundelegung des niedrigeren Umrechnungsfaktors für Unverheiratete ab dem Zeitpunkt des Bezugs einer Rente durch den Ehegatten nach dem ALG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Tenor
I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 23. August 2012 wird aufgehoben.
II. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2012 wird insoweit aufgehoben, als der Bescheid vom 29. Oktober 2001 ab 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2012 zurückgenommen und ein Betrag von 106,77 Euro zurückgefordert wurde.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Beklagte hat 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Altersrente für Landwirte und eine Rentenrückforderung in Höhe von 106,77 Euro.
Mit Antrag vom 19. Juli 2001 begehrte der 1936 geborene Kläger, der ab 1. November 1966 bis 30. September 2000 insgesamt 407 Kalendermonate mit anrechenbaren Beitragszeiten bei der Beklagten als landwirtschaftlicher Unternehmer zurückgelegt hat, Altersrente ab dem 65. Lebensjahr von der Beklagten. Der Kläger ist seit 1. April 1970 mit der 1951 geborenen M. A. verheiratet.
Der Kläger gab im Antragsformular an, er und sein Ehegatte bezögen keine Rente aus der Alterssicherung der Landwirte und hätten auch keine beantragt. In der vom Kläger unterzeichneten Anlage B des Rentenantrags "Mitwirkungs- und Meldepflichten" wurde darauf hingewiesen, dass der Kläger alle für die Leistung erheblichen Tatsachen anzugeben und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien, unverzüglich der Alterskasse zu melden habe.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 29. Oktober 2001 Altersrente an Landwirte gemäß § 11 Abs. 1 ALG ab 1. November 2001 in Höhe von anfänglich 997,70 DM. Sie legte dabei in der Rentenberechnung den Umrechnungsfaktor für Verheiratete zu Grunde. Dem Bescheid war die Anlage "Hinweise und Meldepflichten" beigefügt. Hierin wurde der Kläger erneut darauf hingewiesen, dass ein wesentlicher Meldetatbestand die Beantragung und Gewährung einer Rente an den Ehegatten sei. Mit aktenkundigen Rentenanpassungsmitteilungen 2005, 2007, 2008, 2009 und 2011 wurde die Rente des Klägers erhöht, zuletzt auf 557,51 Euro (brutto)/500,92 Euro (Auszahlungsbetrag). Auf der Rückseite der Rentenanpassungsmitteilungen waren jeweils wieder die Mitwirkungs- und Meldepflichten abgedruckt.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Ehefrau des Klägers auf ihren Antrag vom 3. Januar 2012 hin eine vorzeitige Altersrente ab 1. Januar 2012.
Mit angefochtenem Bescheid vom 3. Januar 2012 hob die Beklagte ohne vorherige Anhörung des Klägers den Bescheid vom 29. Oktober 2001 unter Hinweis auf § 48 SGB X teilweise hinsichtlich der Leistungshöhe ab dem 1. Januar 2012 auf. Der Bruttobetrag der Rente wurde ab 1. Februar 2012 auf 438,76 Euro festgesetzt. Der für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2012 überzahlte Betrag in Höhe von 106,77 Euro werde zurückgefordert.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2001 sei dem Kläger Regelaltersrente auf der Grundlage der Berechnung für einen verheirateten Berechtigten gewährt worden. Seit 1. Januar 2012 beziehe nun auch seine Ehegattin eine Rente von der Alterskasse. Bezögen beide Ehegatten Leistungen aus der landwirtschaftlichen Alterskasse, so sei die Rente neu zu berechnen, indem für die Berechnung des Zuschlags der Umrechnungsfaktor für Unverheiratete zu Grunde zu legen sei (§ 97 Abs. 2, 3 ALG). Der Bescheid vom 29. Oktober 2001 sei deshalb mit der Maßgabe aufzuheben, dass dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 2012 seine Regelaltersrente auf der Grundlage der Berechnung für unverheiratete Berechtigte zustehe. Der überzahlte Betrag in Höhe von 106,77 Euro werde von der laufenden Rentenzahlung einbehalten. Dem Bescheid ist in einer Anlage eine Rentenberechnung beigefügt.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und trug vor, Rentenansprüche und -anwartschaften würden vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG erfasst. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 sei für den Kläger eine eigentumsrechtliche Position geschaffen worden. Ein Eingriff in diese Position sei nicht möglich, da dies einer Enteignung entsprechen würde. § 97 Abs. 3 ALG sei damit verfassungswidrig. Es würde dadurch nicht nur eine Rentenanwartschaft, sondern ein konkret verbeschiedener Rentenanspruch entzogen. Eine Rechtfertigung hierfür sei nicht ersichtlich. Der Eingriff sei auch unverhältnismäßig, da der bisherige Rentenanspruch von 500,92 Euro netto um 106,77 Euro, mithin um 21,32 %, vermindert würde. Ein sachlicher Grund hierfür sei nicht zu erkennen.
Mit...