Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung mit Stomaartikeln. Zulässigkeit zusätzlicher Qualitätsanforderungen für den Beitritt zu einem Hilfsmittelvertrag. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Gesetzliche Krankenkassen dürfen bei Verträgen nach § 127 Abs 2 SGB 5 Qualitätsanforderungen an besondere Versorgungen mit Hilfsmitteln stellen, die nicht durch das Hilfsmittelverzeichnis als Qualitätskriterien festgelegt sind oder durch das Präqualifizierungsverfahren und die Empfehlungen des Spitzenverbandes Bund nach § 126 Abs 1a SGB 5 nicht gegeben sind (hier: Beitritt zu einem Stoma-Vertrag nur bei Anstellung eines Stoma-Therapeuten oder bei Anmeldung eines Mitarbeiters zur Weiterbildung zum Stoma-Therapeuten).
2. Diese Einschränkung ist auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht zu beanstanden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 1. April 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf EUR 6.200,00 festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versorgung mit Hilfs- und Verbandsmitteln zur Stoma-Versorgung nach Maßgabe des Vertrages “Über die Versorgung mit Hilfsmitteln und Verbandsstoffen zur Stoma-Therapie„ ohne Anstellung eines Stoma-Therapeuten oder Anmeldung eines Mitarbeiters zur Weiterbildung zum Stoma-Therapeuten ab 01.04.2009 streitig.
Die Klägerin betreibt ein Sanitätshaus in A-Stadt und ist Mitglied des Fachverbandes für Orthopädie-Technik und Sanitätsfachhandel Bayern e.V. Im Unternehmen sind neben dem Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin als Orthopädietechnikmeister zehn Mitarbeiter beschäftigt, davon zwei Krankenschwestern. Seit 1989 versorgt die Klägerin im Jahr durchschnittlich 40 Stoma-Patienten (Versicherte der Beklagten) als Außenversorger und nicht Klinikversorger. Die Versorgungen erfolgen durch den Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin und die beiden Krankenschwestern. Die Klägerin beschäftigt keinen Stoma-Therapeuten und könnte eigenen Angaben gemäß (auch) keinen Mitarbeiter zur Fortbildung zum Stoma-Therapeuten abstellen.
Die Kosten für die Ausbildung zum Stoma-Therapeuten an den sieben bundesweiten Ausbildungsstätten betragen zwischen 4.000,00 und 6.000,00 EUR. Die als Fachweiterbildung gewertete Ausbildung wird in verschiedenen Modellen angeboten.
Die Versorgung von Stoma-Patienten durch die Klägerin bis 01.04.2009 erfolgte auf der Grundlage des ab 01.11.1981 gültigen Rahmenvertrages über die Versorgung mit orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln.
Diesen Vertrag kündigten die Beklagten zum 31.12.2008 und boten der Klägerin an, sofern bis 01.01.2009 kein neuer Vertrag nach § 127 Abs. 1 und 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossen sein sollte, die Versorgung der Versicherten zu den Bedingungen des gekündigten Vertrages durchzuführen. Bis (zunächst) 30.04.2009 erbrachte die Klägerin in unverändertem Umfang Leistungen der Stoma-Versorgung an die Versicherten der Beklagten und rechnete die bis 31.12.2008 vertraglich vereinbarten Preise ab.
Nachdem die Beklagten gemeinsam festgestellt hatten, dass entsprechend den Empfehlungen der maßgeblichen Vereinigungen (u.a. “Deutsche ilco„) die Ausschreibung von Verträgen für die Stoma-Versorgung nicht zweckmäßig sei, gaben sie nach § 127 Abs. 2 Satz 2 SGB V ihre Absicht, für diesen Bereich Verträge zu schließen, am 26.08.2008 im Internet öffentlich bekannt. Gleichzeitig wurde mit der Bekanntmachung ein Vertragsentwurf veröffentlicht.
Gegenstand des Vertragsentwurfs zwischen dem Fachverband für Orthopädie-Technik und Sanitätsfachhandel Bayern e.V. und den beklagten Krankenkassen ist die Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Hilfsmitteln und Verbandsstoffen, die für die Stoma-Versorgung im Rahmen der Produktgruppe 29 und bei der Urostomie im Rahmen der Produktgruppen 15.25.05. bis 15.25.07 (= Stomaartikel) des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V unter Berücksichtigung des Medizinproduktegesetzes (MPG), der Medizinproduktebetreiber-Verordnung (MPBetreibVO) und des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) benötigt werden (§ 1 des Vertrages). Der Geltungsbereich erstreckt sich auf alle Leistungsträger - sowohl Mitglieder des Fachverbandes als auch Nichtmitglieder -, die ihren Beitritt zum Vertrag erklären (§ 2). Des Weiteren sieht der Entwurf u.a. in § 4 vor, dass der Leistungserbringer eine qualitätsgesicherte Stoma-Versorgung für die Versicherten der Krankenkassen gemäß Anlage 1 leistet. Die Anlage 2 des Vertragsentwurfes sieht vor, dass die nach diesem Vertrag erbrachte Leistung durch eine Monatspauschale vergütet wird, die nicht nur den Monatsbedarf an Hilfsmitteln abdecken soll, sondern auch die Beratungsleistungen mitvergütet (§ 2 des Vertrages).
Am 09.02.2009 schlossen die Beklagten mit der E.-Service-G...