Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Versicherungspflicht gem § 2 Abs 1 Nr 9 SGB 7. selbstständiger Geistheiler im Gesundheitswesen. Praxis für energetische Körperarbeit. sozialgerichtliches Verfahren: Kostenfreiheit gem § 183 SGG bei Klage gegen Veranlagungs- und Beitragsbescheid. Fehlende wissenschaftliche Anerkennung. Jahresarbeitsverdienst
Leitsatz (amtlich)
1. Selbstständige Geistheiler sind im Sinne des § 2 Abs 1 Nr 9 SGB VII im Gesundheitswesen tätig und deshalb kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
2. Für die Klage eines Unternehmers gegen einen Bescheid, mit dem die persönliche Versicherungspflicht des Unternehmers in der gesetzlichen Versicherung festgestellt wird, sowie gegen Beitragsbescheide in der gesetzlichen Unfallversicherung, die ausschließlich Beiträge für den Unternehmer selbst und nicht für dessen Beschäftigte festsetzen, ist das Verfahren gerichtskostenfrei nach § 183 S 1 SGG.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 9, § 4 Abs. 3, § 150 Abs. 1 S. 2, § 154 Abs. 1 S. 1, § 85 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 167 Abs. 1; SGG §§ 193, 197a
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung über die Kosten unter Nr. II des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2013 sowie die Festsetzung des Streitwerts unter Nr. III des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 13.12.2013 werden aufgehoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als selbstständige geistige Heilerin sowie die Festsetzung von Beiträgen.
Die 1942 geborene Klägerin bezieht seit Juli 2002 Altersrente und betreibt seitdem selbstständig eine Praxis für "energetische Körperarbeit".
Schwerpunkte der von der Klägerin angebotenen energetischen Körperarbeit sind die Reconnective Therapy nach Herwig Schön, die russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov, das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle, Qi Gong sowie die Fernsitzung bzw. Geistheilung. Im Rahmen der Reconnective Therapy nach Herwig Schön soll es möglich sein, eine Rückverbindung mit dem Energiekörper herzustellen, damit sich Traumata auflösen, ohne dass sich der Betroffene daran erinnern muss. Mit den russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov sollen über rein mental energetische Impulse die Selbstheilungskräfte des Körpers stimuliert und somit Impulse zur Regeneration und Wiederherstellung des Körpers und der eigenen Gesundheit gesetzt werden. Das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle ist durch sanftes Wiegen und Schaukeln geprägt. Mit über 80 Griffen und Positionen der Hände soll der Körper in seine Urschwingung bis in die kleinsten Zellen hinein versetzt werden. Durch die tiefgehende Wellenbewegung soll sich der Körper an seinen Embryonalzustand erinnern und aus diesem Zellgedächtnis heraus die Selbstheilungskräfte aktivieren können. Qi Gong preist die Klägerin als körperliche und energetische Bewegungsübung an, um die geistige und körperliche Gesundheit zu unterstützen. Durch Fernsitzungen bzw. Geistheilung sollen ebenfalls Selbstheilungskräfte mobilisiert werden, um Blockaden, Traumata, Schockerlebnisse im Äther-, im Emotional-, Mental- und physischen Körper aufzulösen.
Mit Bescheid vom 14.02.2013 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin nach § 136 SGB VII fest. Mit Schreiben vom gleichen Tag übersandte die Beklagte eine Übersicht aller Betriebsstätten und Betriebsteile.
Mit Veranlagungsbescheid vom 14.02.2013 "für Ihr Unternehmen" stellte die Beklagte fest, dass für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2012 für die Berechnung der Beiträge der in Anlage beigefügte "3. Gefahrtarif" der Beklagten maßgebend sei. Das Unternehmen der Klägerin werde ab dem 01.01.2008 wie folgt veranlagt: "Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Strukturschlüsselbezeichnung Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,30, Betriebsteil EU."
Mit weiterem Veranlagungsbescheid vom 14.02.2013 "für Ihr Unternehmen" stellte die Beklagte fest, dass für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2018 für die Berechnung der Beiträge der in Anlage beigefügte "4. Gefahrtarif" der Beklagten maßgebend sei. Das Unternehmen der Klägerin werde ab dem 01.01.2013 wie folgt veranlagt: "Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Bezeichnung Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,74."
Mit weiterem Bescheid vom 14.02.2013 stellte die Beklagte die persönliche Versicherung der Klägerin als Unternehmerin fest. Die Versicherungssumme betrage 18.000 € ab dem 01.01.2008, 19.000 € ab dem 01.01.2009 und 20.000 € ab dem 01.01.2013.
Mit Veranlagungsbescheid vom 14.02.2013 "für Ihre Unternehmerversicherung" stellte die Beklagte fest, dass in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2012 für die...