Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Bedarfsplanung. Inkompatibilität von zwei hälftigen Versorgungsaufträgen und einer Beschäftigung als angestellter Arzt eines Vertragsarztes
Orientierungssatz
§ 20 Abs 1 Ärzte-ZV ist dahingehend auszulegen, dass neben zwei hälftigen Versorgungsaufträgen eine Beschäftigung als angestellter Arzt eines Vertragsarztes grundsätzlich inkompatibel ist.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.03.2023, S 38 KA 13/21, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahren hat die Klägerin zu tragen. Die notwendigen Auslagen der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine in .... vertragsärztlich zugelassene Fachärztin für Neurologie mit Filialpraxis in P., beantragt die Aufhebung der der Beigeladenen zu 8. erteilten Genehmigung zur Beschäftigung des Dr. K. (Dr. K.) als angestellten Arzt mit einem Umfang von 12,5 Wochenstunden sowie die Verpflichtung zur Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung des Dr. K. (Dr. K.) mit einem Umfang von 15 Wochenstunden an ihrem Filialsitz.
Mit Beschluss vom 13.12.2019 hatte der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Urologen im Planungsbereich Landkreis ... aufgehoben und festgestellt, dass dort Überversorgung nicht mehr besteht. Der Beschluss erfolgte unter der Auflage, dass Zulassungen nur vorgenommen werden dürfen bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist, was die Besetzung eines halben Versorgungsauftrags ermöglichte.
Auf den ausgeschriebenen halben Versorgungsauftrag bewarben sich:
1. Die zu 8 beigeladene BAG Dres. ... und ... mit Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung des Facharztes für Urologie Dr. K. als angestellten Arzt mit 12,5 Wochenstunden an ihrem Vertragsarztsitz.
2. Dr. K., bereits vertragsärztlich zugelassener Facharzt für Urologie, mit dem Antrag auf Zuerkennung eines halben Versorgungsauftrags in der L. Str. ..., P..
3. Die Klägerin mit dem Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung ihres Vaters, Dr. K., als angestellter Arzt mit 15 Wochenstunden an ihrem Filialsitz L. Str. ... in P..
4. Dr. K. mit dem Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung von Dr. K. als angestellten Arzt mit 15 Wochenstunden an eben genannter Adresse.
Dr. K. ist als Urologe vertragsärztlich zugelassen mit einem halben Versorgungsauftrag in B...., Planungsbereich Landkreis E., und einem weiteren halben Versorgungsauftrag an konkreter Anschrift in ..., gleichnamiger Planungsbereich; er betreibt darüber hinaus eine genehmigte Filiale in P., L. Str. ..., welche als Filialpraxisgemeinschaft mit der Klägerin geführt wird.
Mit Beschluss vom 20.05.2020 erteilte der Zulassungsausschuss Ärzte O. der Beigeladenen zu 8 die beantragte Angestelltengenehmigung und lehnte die weiteren Anträge ab.
Gegen die Ablehnung ihrer jeweiligen Anträge riefen die Klägerin (siehe oben Nr. 3.) sowie Dr. K.. (siehe oben Nr. 2 und 4) den Berufungsausschuss für Ärzte Bayern an, der mit Beschluss vom 06.10.2020, ausgefertigt als Bescheid vom 11.12.2020, die vorgängige Entscheidung des Zulassungsausschusses bestätigte und unter Zurückweisung der weiteren Anträge den Beigeladenen zu 8 die begehrte Angestelltengenehmigung erteilte.
Zur Begründung der Ablehnung der Anstellungsgenehmigung zugunsten der Klägerin führte der Beklagte aus, dass Dr. K.. nach § 20 Ärzte- ZV ungeeignet sei, als angestellter Arzt in der Praxis(filiale) seiner Tochter vertragsärztlich mit 15 Stunden tätig zu werden. Dieser sei bereits als Urologe zugelassen mit zwei halben Versorgungsaufträgen an zwei Vertragsarztsitzen, die 30 km voneinander entfernt lägen; der Filialsitz läge ebenfalls 30 km von den beiden Vertragsarztsitzen entfernt. Einer Nebentätigkeit von 15 Wochenstunden als angestellter Arzt stünde eine zeitliche Inkompatibilität entgegen. Damit sei der Antrag der Klägerin nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Da auch der eigene Antrag des Dr. K. auf einen dritten halben Versorgungsauftrag rechtlich unzulässig sei, könne auch dieser nicht in eine Auswahlentscheidung eingehen. Bei einer Auswahlentscheidung zwischen der Anstellung des Dr. K. und der Anstellung des Dr. K. spreche das Kriterium der beruflichen Eignung etwas mehr für Dr. K.. Bei Gesamtabwägung entscheide sich das Gremium für Dr. K. (wird näher begründet ).
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben.
Mit Urteil vom 15.03.2023 hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen und ausgeführt: Der von der Klägerin begehrten Anstellungsgenehmigung nach § 32b Abs. 2 Ärzte-ZV stehe die Tätigkeit des anzustellenden Arztes entgegen. Dieser besitze zwei Teilzulassungen sowie eine Filialgenehmigung. Auch wenn § 32b Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV lediglich auf § 21 Ärzte-ZV verweise, sei die Regelung in § 20 Ärzte-ZV wegen § 1 Abs. 3 Nummer 3 Ärzte-ZV anwendbar. Wenngleich nach Änderung des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV mit Wirkung zum 01.01.2020 die schematische Zeitgr...