Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 07.04.2008; Aktenzeichen 1 BvR 550/08)

BSG (Beschluss vom 20.11.2007; Aktenzeichen B 1 KR 118/07 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1960 geborene Kläger, der als Rentner bei der Beklagten versichert ist, leidet unter einer fortgeschrittenen HIV-Infektion im Vollbild AIDS. Er ist Schwerbehinderter mit dem GdB 100, den Merkzeichen "G", "aG", "RF" und "B".

Am 16.12.2003 beantragte er die Kostenübernahme für eine Immunglobulintherapie mit dem Medikament "Flebogamma".

Den Widerspruch vom 15.01.2004 gegen den ablehnenden Bescheid vom 16.12.2003 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2004 zurück. Sie berief sich dabei auf eine Stellungnahme des MDK vom 16.02.2004, wonach keines der marktfähigen Immunglobuline für die Behandlung von AIDS oder HIV-Infizierten im Erwachsenenalter zugelassen sei. Entsprechend dem MDK-Grundsatzgutachten von September 2003 liege kein adäquater Wirksamkeitsnachweis vor, da nur sechs Studien zu identifizieren seien, Studienergebnisse nicht vergleichbar seien, zwei Studien ohne erkennbare Wirkung, eine Studie Auswirkung auf Fiebersenkung und allgemeine Schwäche zeige und drei Studien zu dem Ergebnis kämen, eine Wirkung auf die Zahl der schweren Infektionen oder auf das Überleben sei erkennbar. Da keine Erkenntnisse über die behandelten HIV-Stadien, die Dosierung und Dauer der Behandlung sowie die Art der Immunglobuline vorlägen, sei keine ausreichende Evidenz gegeben. In diesem MDK-Gutachten vom September 2003 heißt es weiter, der Evidenzgrad der genannten Studien liege bei IIa. Dieser Wirksamkeitsnachweis hätte weitere randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien gerechtfertigt. In dem im Widerspruchsverfahren eingeholten Gutachten des MDK vom 16.02.2004 wird ergänzt, obwohl mit der zunehmenden Verschlechterung der Immunkompetenz infolge Resistenzentwicklung das Risiko opportunistischer Infektionen steige, sei die intravenöse Immunglobulingabe in keiner einschlägigen Leitlinie als wirksame therapeutische Strategie aufgeführt.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger Klage auf Versorgung mit dem Medikament Flebogamma erhoben. Laut Roter Liste sei das Medikament bei sekundären Immunmangelkrankheiten zugelassen.

Die Beklagte hat das Schreiben des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 16.08.2004 an das Sozialgericht München vorgelegt, wonach die Arzneimittelrichtlinien nicht als Rechtsgrundlage zur Überwindung des fehlenden Zulassungsstatus ausgelegt werden könnten und hat auf den Wortlaut der Roten Liste sowie auf die Auskünfte des P.-Instituts vom 30.10.2002 und 20.03.2003 im Verfahren S 18 KR 338/04 ER verwiesen, wonach für keines der in Deutschland zugelassenen Immunglobuline die Indikation der Anwendung bei erwachsenen AIDS-Patienten genannt werde.

Das Sozialgericht hat die Klage am 26.10.2005 abgewiesen. Die Zulassung von Flebogamma erstrecke sich laut Herstellerfachinformation nicht auf erwachsene HIV-Patienten, was durch das P.-Institut bestätigt werde. Auch aus den Arzneimittelrichtlinien ergebe sich keine Rechtsgrundlage für die Verordnung von Immunglobulinen bei erwachsenen HIV-Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Weder Rote Liste noch die Richtlinien des Bundesausschusses könnten weiterreichen als die vom P.-Institut als zuständige Bundesoberbehörde für die streitgegenständlichen Präparate erteilten Zulassungen. Dies habe das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 02.03.2005, L 12 KA 107/03, festgestellt. Darin werde auch ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nicht vorlägen, da keine ausreichend kontrollierten klinischen Prüfungen außerhalb eines Zulassungsverfahrens vorlägen, die über Qualität und Wirksamkeit von Immunglobulinen für erwachsene AIDS-Kranke ausreichend zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen.

In dem eben genannten Verfahren des 12. Senats war Streitgegenstand ein Regress gegen den Beschwerdeausschuss Ärzte wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Patienten. Die Berufung wurde unter anderem mit der Begründung zurückgewiesen, die Immunglobuline Oktagam, Intraglobin F und Intrimum seien nicht zugelassen für die Indikation und es gebe keine ausreichend validen Wirksamkeitsnachweise. Beweismittel waren dabei unter anderem die Stellungnahme des MDK Bayern vom 16.02.2004 und das Gutachten des Prof. Dr. H. bzw. dessen Assistenten Dr. B. vom 12.06.2004 der TU M. . Die Nichtzulassungsbeschwerde dagegen wurde vom Bundessozialgericht am 31.05.2006 unter anderem mit der Begründung zurückgewiesen, auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 sei die Einschätzung des behandelnden Arztes angesichts des Vorliegens von wissenschaftlichen Studien nicht maßgeblich.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt....

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