Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Jahresarbeitsverdienst. fingierte Formalversicherung des Geschäftsführers einer "Ein-Mann-GmbH. Lohnsammelnachweisverfahren. Vertrauenstatbestand. Frage des zugrunde zulegenden Jahresarbeitsverdienstes (hier: Mindestjahresarbeitsverdienst) bei einer fingierten Formalversicherung des Geschäftsführers einer "Ein-Mann-GmbH" bei unbeanstandet von dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung entgegengenommenen Beiträge im Lohnsammelnachweisverfahren. Verletztenrente
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage des zugrunde zulegenden Jahresarbeitsverdienstes (hier: Mindestjahresarbeitsverdienst) bei einer fingierten Formalversicherung des Geschäftsführers einer "Ein-Mann-GmbH" bei unbeanstandet von dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung entgegengenommenen Beiträge im Lohnsammelnachweisverfahren:
Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der sich als Unternehmer hätte freiwillig gesetzlich unfallversichern können, ist nicht besser zu stellen als ein Unternehmer, der tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und entsprechend der Satzung der Berufsgenossenschaft von einer Versicherung über den Mindestjahresarbeitsverdienst hinaus abgesehen hat.
Orientierungssatz
Werden im Lohnnachweis nicht versicherte Personen oder Personen ohne nähere Erläuterung aufgeführt, ist kein Vertrauensschutz gerechtfertigt. Eine Formalversicherung liegt ausnahmsweise dann vor, wenn dem Unfallversicherungsträger bei der erforderlichen Aufmerksamkeit hätte auffallen müssen, dass in den Lohnnachweisen nicht versicherte Personen aufgeführt wurden und er langjährig Beiträge nach Maßgabe dieser Lohnnachweise erhoben hat, ohne seinerseits irgendwelche Erhebungen und Freistellungen zu veranlassen.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, §§ 83, 85 Abs. 1 Nr. 2, § 87; BGB § 242
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt aufgrund des Arbeitsunfalls vom 27.07.2007 eine höhere Verletztenrente gemäß §§ 56, 83 und 85 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) i. V. m. § 45 der Satzung der Beklagten. Streitig ist zwischen den Parteien die Zugrundelegung des Mindestjahresarbeitsverdiensts im Rahmen einer Formalversicherung.
Der Kläger hatte zum 03.09.2001 als alleiniger Gesellschafter die Auto A. GmbH in A-Stadt übernommen (Betrieb einer Kfz-Werkstatt sowie Handel mit Kraftfahrzeugen). Er hielt das Stammkapital in Höhe von 25.000,00 Euro zu 100 v. H. Der damalige Geschäftsführer schied zum 01.08.2004 aus und der Kläger wurde Geschäftsführer.
Im Lohnnachweis für den Zeitraum 03.09. - 31.12.2001 gab der Kläger für einen Beschäftigten das Arbeitsentgelt mit 9.319,13 Euro an. Der Lohnnachweis für das Jahr 2005 enthält den Hinweis auf zwei Beschäftigte mit einem Arbeitsentgelt von 22.715.00 Euro für den Bereich der KFZ-Reparatur-Werkstätte und einen Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt von 8.055,00 Euro im kaufmännisch-verwaltenden Bereich.
Nach Überprüfung übermittelte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 17.06.2005 einen Antrag zur freiwilligen Versicherung als Unternehmer. Wegen der Einzelheiten der Versicherung war ein entsprechendes Merkblatt beigefügt, das hinsichtlich der Versicherungssumme folgenden Hinweis enthielt: "Im Antrag zur freiwilligen Unternehmerversicherung muss die gewünschte Versicherungssumme angegeben werden, ansonsten gilt die Mindestversicherungssumme" (§§ 45, 48 der Satzung). Eine solche hatte der Kläger jedoch weder in der Vergangenheit beantragt, noch stellte er aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 17.06.2005 einen entsprechenden Antrag. Am 17.09.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei nicht pflichtversichert.
Ausweislich des Lohnnachweises vom 29.01.2007 für das Jahr 2006 beschäftigte der Kläger zwei Angestellte, davon eine Person halbtags und eine Person als geringfügig Beschäftigte für das Büro. Als Arbeitsentgelt für die beiden Beschäftigten wurden ein Betrag von 33.540,00 Euro und 3056 Arbeitsstunden für drei Beschäftigte angegeben. Der Betrag wurde auf 23.285,00 Euro, die Arbeitsstunden auf 1018 und die Zahl der Beschäftigten auf zwei am 12.02.2007 korrigiert. Der Beitrag wurde am 23.04.2007 mit Lastschrift eingezogen auf der Grundlage der ursprünglich erfassten Lohnsumme (Aktenvermerk vom 18.10.2007).
Der Kläger war bei der Firma Auto A. GmbH unverändert als allein geschäftsführender Gesellschafter tätig, als er am 27.07.2007 verunfallte und sich vor allem eine Querschnittlähmung unterhalb des 6. Brustwirbelkörpers zuzog.
Die damalige Bevollmächtigte des Klägers erläuterte mit Schreiben vom 20.09.2007 nochmals, dass man im Lohnnachweis für das Jahr 2006 bewusst die Stunden gestrichen habe, die auf den Kläger entfallen seien. Dies habe die Beklagte jed...