Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit: Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente.
Orientierungssatz
Ein Versicherter, der ursprünglich die Tätigkeit des Betriebsschlossers erlernt und ausgeübt hat, diese Tätigkeit jedoch schon vor Jahren aufgegeben hat und danach zunächst Tätigkeiten nachgegangen ist, die bestenfalls als Anlerntätigkeit anzusehen waren, ist uneingeschränkt auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die ihm gesundheitlich zumutbar sind.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21.10.2014 wird zurückgewiesen, soweit ihr nicht durch das angenommene Teilanerkenntnis entsprochen wurde.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob beim Kläger eine volle Erwerbsminderung vorliegt oder bereits vor dem 01.04.2016 eine teilweise Erwerbsminderung oder teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestanden hat und ihm aus diesen Gründen weitere Rentenleistungen zu gewähren sind.
Der 1955 geborene Kläger hat nach seinen Angaben von September 1970 bis Juni 1973 den Beruf eines Betriebsschlossers erlernt. In der Folgezeit war er sowohl in diesem Beruf als auch in anderen Tätigkeiten wie Produktionshelfer, Verkaufsfahrer, Maschinenbediener tätig. Von 1983 bis 1985 wurde er zum Informationselektroniker umgeschult. Danach war er mit Tätigkeiten in der Servicetechnik und Computertechnik beschäftigt, zuletzt von April 2001 bis Januar 2002 im Personaldienstleistungsunternehmen M. in A-Stadt. Dort hat er als IT-System-Elektroniker Fehlerbehebung an Laptops und PCs vorgenommen und gegebenenfalls defekte Teile, wie Grafikkarten oder Festplatten getauscht. Im Anschluss daran war der Kläger arbeitslos und bezog Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Dem Kläger sind durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) Region Unterfranken (Versorgungsamt) ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie das Merkzeichen G zuerkannt worden.
Ende 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Antragsdatum: 12.11.2013). Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger im Folgenden am 04.02.2014 internistisch durch Dr. S. und am 06.03.2014 chirurgisch-orthopädisch durch Dr. G. untersucht. Zusammengefasst wurden dabei folgende Gesundheitsstörungen beschrieben:
1. Coronare Herzerkrankung, Zustand nach Vorderwandinfarkt 2002 mit Bypass-Operation, Aneurysmektomie und Thrombektomie.
2. Arterielle Hypertonie.
3. Diabetes mellitus Typ-2b unter oraler Therapie.
4. Kompensierte Niereninsuffizienz.
5. Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom bei Spinalkanalstenose C4-C7.
6. Brustwirbelsäulen-Lendenwirbelsäulen-Syndrom.
7. Parästhesien im Handbereich.
8. Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom mit end- bis mittelgradiger Funktionseinschränkung.
9. Chronisches Brustwirbelsäulen-/Lendenwirbelsäulen-Syndrom mit Hyperlordose, endgradige Funktionseinschränkung.
10. Endgradige Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke.
11. Endgradige Funktionseinschränkung beider Kniegelenke.
12. Beginnende Rhizarthrose beidseits.
13. Kompensierte Arterielle-Verschluss-Krankheit beider Beine, derzeit Stadium II a.
14. Leichter Ruhetremor beider Hände mit wechselnder Intensität und Ausprägung.
Aus internistischer Sicht wurde der Kläger für leichte Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr einsatzfähig angesehen. Einschränkungen bestünden hinsichtlich Heben von Lasten über 5 bis 10 kg, häufigem Bücken, Klettern, Steigen, Überkopfarbeiten, besonderem Zeitdruck, Nachtschicht, Anforderungen an die grobe Kraft und die Feinmotorik. Der Kläger sei sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im zuletzt ausgeübten Beruf einsatzfähig. Auch aus chirurgisch-orthopädischer Sicht wurde ein Leistungsvermögen von täglich sechs Stunden und mehr für den allgemeinen Arbeitsmarkt beschrieben, jedoch eine zeitliche Einschränkung für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit angenommen. An qualitativen Einschränkungen sei zu beachten: Es müsse sich um Tätigkeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten mit mehr als 5 bis 10 kg, ohne Arbeit mit fortgesetzten Kraftaufwand, ohne erhöhte Anforderung an die Feinmotorik und Fingergeschicklichkeit, ohne häufiges Gehen auf unebenen Flächen, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung im Stehen, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne monotone Dauerbelastung des Schultergürtels und ohne häufiges Knien und Hocken handeln.
Mit Bescheid vom 12.03.2014 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbsfähig. Im Beruf als Computertechniker könne er nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein, könne jedoch auf andere Tä...