Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
Zum Stimmrechtsmißbrauch einer Wohnungseigentümerin, die die Anlage als Bauträgerin erstellt hat und gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer die Bestellung ihres Ehemanns zum Verwalter durchsetzt.
Normenkette
WEG § 26; BGB § 242
Verfahrensgang
AG Kempten (Aktenzeichen 34 UR II 32/99) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 626/00) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 25. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin zu 1 hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.568 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller, die Antragsgegner und die weitere Beteiligte zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus vier Wohnungen besteht und in den Jahren 1997/1998 von der Antragsgegnerin zu 1 als Bauträgerin errichtet wurde. Die weitere Beteiligte zu 1 kaufte ihre Wohnung im Oktober 1998; nach Beilegung eines Rechtsstreits mit der Antragsgegnerin zu 1 wurde sie im Herbst 1999 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
Gemäß § 9 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung (GO) vom 16.5.1997 richtet sich das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung nach den Miteigentumsanteilen. In § 10 GO ist bestimmt:
- Vorerst wird kein Verwalter bestellt. Die Bestellung eines Verwalters ist jedoch jederzeit möglich, wenn dies die Wohnungseigentümer beschließen.
- Der jeweilige Verwalter ist neben seiner Vertretungsmacht aus Gesetz und Vertrag auch beauftragt und bevollmächtigt zur Geltendmachung aller Gewährleistungsansprüche hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums und aller Außenanlagen.
Der weitere Beteiligte zu 2 ist der Ehemann der Antragsgegnerin zu 1 und Bauleiter von Beruf. In den Kaufverträgen, mit denen die Antragsgegner zu 2 und die weitere Beteiligte zu 1 ihre Wohnungen von der Antragsgegnerin zu 1 erwarben, ist die Feststellung enthalten, dem Erwerber sei bekannt, daß der weitere Beteiligte zu 2 auf die Dauer von drei Jahren zum Verwalter bestellt worden sei.
Der weitere Beteiligte zu 2 lud am 25.6.1999 für den 2.7.1999 zu einer Eigentümerversammlung ein. Der Tagesordnungspunkt (TOP) 1 lautete: Bestätigung der Verwalterbestellung – Verwaltervertrag. An der Versammlung, die vom weiteren Beteiligten zu 2 geleitet wurde, nahmen sämtliche damaligen Wohnungseigentümer teil. Die ebenfalls anwesende weitere Beteiligte zu 1 war noch nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen; das auf ihr Wohnungseigentum entfallende Stimmrecht wurde von der Antragsgegnerin zu 1 ausgeübt. In der Versammlungsniederschrift ist festgehalten, der Verwaltervertrag sei verlesen worden. Der Antragsgegner zu 2 habe eine Kopie des Vertrags gewünscht und am Versammlungstag nicht darüber abstimmen wollen. Der weitere Beteiligte zu 2 habe darauf hingewiesen, daß bereits ein mündlicher Vertrag bestehe. Weiter heißt es:
Abstimmung nach TOP 1:
269 + 246 = 515/1000stel Ja-Stimmen
213 + 272 = 485/1000stel Nein-Stimmen.
Damit ist der Antrag angenommen.
Die Ja-Stimmen wurden von der Antragsgegnerin zu 1 abgegeben, die Nein-Stimmen von den Antragstellern und den Antragsgegnern zu 2. Dem Verwaltervertrag zufolge sollte der weitere Beteiligte zu 2 für die Zeit vom 2.7.1999 bis 1.7.2003 zum Verwalter bestellt sein.
Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 1 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 31.1.2000 stattgegeben, die Antragsgegnerin zu 1 hat sofortige Beschwerde eingelegt.
Auf Vorschlag des Landgerichts fand am 15.7.2000 eine Eigentümerversammlung statt, bei der die Antragsteller, die Antragsgegner zu 2 und die weitere Beteiligte zu 1 beschlossen, für die Zeit ab 1.6.2000 eine neue Verwalterin zu bestellen. Die Antragsgegnerin zu 1 focht diesen Eigentümerbeschluß an.
Im vorliegenden Verfahren hat das Landgericht die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 25.7.2000 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin zu 1 sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Angesichts der Regelung in der Gemeinschaftsordnung, daß vorerst kein Verwalter bestellt werde, habe eine nachträgliche Verwalterbestellung nur durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder durch Eigentümerbeschluß vorgenommen werden können. Für eine Vereinbarung fehle es jedenfalls am Nachweis einer Zustimmung der Antragsteller. Der Eigentümerbeschluß vom 2.7.1999 sei für ungültig zu erklären, weil die Antragsgegnerin zu 1 ihr damaliges Stimmenübergewicht rechtsmißbräuchlich eingesetzt habe, um ihren Ehemann, gegen dessen Bestellung sich die übrigen Wohnungseigentümer ausgesprochen hätten, als Verwalter durchzusetzen. Die Wohnanlage der Beteiligten sei die einzige, die der weitere Beteiligte zu 2 verwalte. Allein daraus ergäben sich Bedenken, ob er angesichts der Querelen ...