Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
AG Altötting (Aktenzeichen 1 UR II 19/95) |
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 228/96) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 26. Februar 1996 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Den Antragstellern gehört ein Abstellplatz in der Tiefgarage.
Die Wohnungs- und Teileigentümer billigten am 22.6.1995 die Einzelabrechnungen für das Jahr 1994 und beschlossen, daß sich alle Wohnungs- und Teileigentümer an den Müllkosten beteiligten müßten. Die die Antragsteller betreffende Einzelabrechnung wies insoweit einen Betrag von 18,30 DM aus.
Die Antragsteller sind der Auffassung, daß die Umlegung der Müllkosten auf die Teileigentümer der Tiefgaragenstellplätze der Gemeinschaftsordnung widerspreche; sie haben am 24.7.1995 (Montag) beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 14.12.1995 den Antrag mit der Begründung abgewiesen, die Antragsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG sei nicht eingehalten, der Beschluß sei auch nicht nichtig, wenn auch die Auffassung der Antragsteller „nicht völlig von der Hand zu weisen” sei. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 26.2.1996 die sofortige Beschwerde der Antragsteller verworfen. Hiergegen richtet sich ihre sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel der Antragsteller ist zulässig, es hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist in Wohnungseigentumssachen unabhängig vom Beschwerdewert stets zulässig, wenn die sofortige Beschwerde wie hier verworfen wurde (BGHZ 119, 216).
2. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil der Beschwerdewert 1 500 DM nicht übersteige. Die von den Antragstellern in der sie betreffenden Einzelabrechnung beanstandeten Müllabfuhrkosten machten lediglich 18,30 DM aus. Selbst wenn man davon ausgehe, daß durch den angefochtenen Eigentümerbeschluß der Verteilungsschlüssel für die Müllabfuhrkosten allgemein habe geändert werden sollen und wenn man deshalb den zwölfeinhalbfachen Jahresbetrag der Ermittlung des Beschwerdewerts zugrunde lege, errechne sich gleichwohl nur ein solcher von rund 230 DM.
Das Rechtsmittel sei auch nicht wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” zulässig. Das Amtsgericht sei zwar zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Antragsteller die Antragsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht gewahrt hätten. Die Entscheidung sei deshalb aber nicht, unabhängig davon, ob sie im Ergebnis richtig sei, als mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar anzusehen.
3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Beschwerdewert 1 500 DM nicht übersteigt (§ 45 Abs. 1 WEG). Der Beschwerdewert bemißt sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung (BGHZ 119, 216). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, werden die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Eigentümerbeschluß mit weniger als 1 500 DM belastet.
b) Ein Grund für die in Rechtsprechung und Literatur in besonderen Ausnahmefällen für zulässig erachtete Eröffnung eines außerordentlichen Rechtsmittels extra legem wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” lag nicht vor. Auch nach dieser Meinung (vgl. BGHZ 109, 41; Thomas/Putzo ZPO 19. Aufl. § 567 Rn. 7, jeweils m.w.N.) kann nicht jeder eindeutige Verstoß des Gerichts gegen die bei seiner Entscheidung anzuwendenden Rechtsvorschriften genügen, um eine – im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossene – Rechtsmittelmöglichkeit zu eröffnen; vielmehr ist erforderlich, daß die angefochtene Entscheidung dem Gesetz fremd bzw. mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist. Die unrichtige Berechnung der Antragsfrist nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG wie hier genügt dafür nicht. Die genannten Voraussetzungen sind selbst dann nicht erfüllt, wenn der angefochtene Eigentümerbeschluß der Gemeinschaftsordnung widersprechen würde.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 WEG.
Unterschriften
Dr. Tilch, Dr. Delius, Dr. Pliester
Fundstellen