Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache: Feststellungen über die Bestellung eines Betreuers. Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
Für die Feststellung mangelnder freier Willensbildung im Rahmen der Bestellung eines Betreuers kann es ausreichen, wenn der Tatrichter die hierfür maßgebenden Symptome der psychischen Krankheit und ihre Auswirkungen auf die Willensbestimmung des Betroffenen darstellt.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Passau (Aktenzeichen 2 T 156/00) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 XVII 0104/99) |
Tenor
Die weitere und die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 15. Januar 2001 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit Beschluß vom 25.3.1999 bestellte das Amtsgericht für die Betroffene einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über die Unterbringung und Vermögenssorge. Der bestellte Betreuer ist Cousin der Betroffenen.
Am 18.4.2000 verlängerte das Amtsgericht die Betreuerbestellung, erweiterte den Aufgabenkreis des Betreuers um die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post sowie die Entscheidung über Fernmeldeverkehr und ordnete an, daß die Betroffene zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge betreffen und einen Wert von 50 DM übersteigen, der Einwilligung des Betreuers bedarf.
Die Beschwerde der Betroffenen gegen die Verlängerung und Erweiterung der Betreuung hat das Landgericht mit Beschluß vom 15.1.2001 als unbegründet zurückgewiesen, die gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts gerichtete sofortige Beschwerde der Betroffenen hat es mit demselben Beschluß als verspätet verworfen.
Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der weiteren und sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Die zulässigen Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zu Recht wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen. Das Amtsgericht hatte die Betroffene über die zu beachtende zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 69 g Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG) belehrt. Die Frist hatte zwar nicht bereits mit der Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses an die Betroffene am 20.4.2000, sondern gemäß § 69 g Abs. 4 Satz 2, § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG erst mit der am 22.4.2000 erfolgten Zustellung an den Betreuer zu laufen begonnen (vgl. BayObLGZ 2001 Nr. 14). Bei Einlegung des Rechtsmittels am 27.6.2000 war die Beschwerdefrist gleichwohl längst verstrichen.
2. Die weitere Beschwerde der Betroffenen gegen die Verlängerung der Betreuerbestellung unter Einbeziehung der Postkontrolle und der Entscheidung über den Fernmeldeverkehr in den Aufgabenkreis des Betreuers ist im Ergebnis unbegründet.
a) Das Landgericht hat insoweit – teils durch Bezugnahme auf die vorliegenden Sachverständigengutachten – ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die betreffenden Maßnahmen seien gegeben. Die völlig krankheitsuneinsichtige Betroffene leide an einer Zyklothymie, einer manisch-depressiven Erkrankung. Diese äußere sich in einem ausgeprägten Wahnsystem, das das Handeln der Betroffenen beeinflusse, in inhaltlichen und formalen Denkstörungen, in einer erheblichen Minderung der Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie weitgehend auch in einem Realitätsverlust. Insbesondere zu ihrer finanziellen Situation habe die Betroffene keinerlei realistisches Verhältnis. Ihre Schulden bei der deutschen Telekom für Telefongebühren beliefen sich auf deutlich über 20 000 DM. Bei verschiedenen Kaufhäusern bestelle sie – teils unter anderem Namen – immer wieder Waren, weshalb im März 2000 offene Rechnungen über ca. 5 000 DM vorgelegen hätten. Aufgrund der psychischen Krankheit und der dadurch bedingten Realitätsverzerrung sei die Betroffene nicht in der Lage, in den dem Betreuer übertragenen Bereichen ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich zu besorgen. Zur Wahrnehmung der Vermögens sorge bedürfe der Betreuer auch der Befugnis zur Postkontrolle sowie der Entscheidung über den Fernmeldeverkehr. Soweit die Betroffene mit dem Betreuer nicht zufrieden sei, lägen die Voraussetzungen für dessen Entlassung nicht vor. Vielmehr sei die Eignung des Betreuers nach wie vor gewährleistet. Die von der Betroffenen gegen ihn erhobenen „Anschuldigungen” seien völlig pauschal, zum Teil ersichtlich unzutreffend und Ausdruck ihrer Erkrankung.
b) Ist einem Volljährigen ein Betreuer bestellt, setzt die Verlängerung dieser Maßnahme in dem angeordneten Umfang voraus, daß der Betroffene aufgrund seiner psychischen Krankheit oder seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten in den Bereichen der Betreuung weiterhin nicht besorgen kann und Betreuung insoweit auch zukünftig erforderlich ist (§ 1896 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BGB; vgl. BayObLG FamRZ 1998, 921). Ohne das Einverständnis des Betroffenen ist die Verlängerung der Betreuerbestellung nur zulässig, wenn der Betroffene nach wie vor krankheits- oder behinderungs...