Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 4 O 1303/05, 4 O 1121/05) |
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-20 O 36/05) |
Tenor
I. Für das Verfahren gegen die Beklagten zu 6) und 7) (LG München I 4 O 1121/05 - LG Frankfurt/Main 2-20 O 36/05) ist das LG Frankfurt/Main zuständig.
II. Die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Beklagte zu 1) ist eine Aktiengesellschaft, die 1995 von den Beklagten zu 2), 3) und 4) gegründet wurde. Die Beklagten zu 5) und 6) waren bis Juni 2002 Mitglied bzw. Vorsitzender des Aufsichtsrates. Die Beklagte zu 7) ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die von 1996 bis 2002 die Jahresabschlüsse der Beklagten zu 1) geprüft hat. Die Beklagte zu 1) hat ihren Sitz im Bezirk des LG München I. Der Beklagte zu 6) wohnt im Bezirk des LG Frankfurt am Main, wo auch die Beklagte zu 7) ihren Sitz hat.
Die Kläger sind bzw. waren Aktionäre der Beklagten zu 1). Sie verlangen mit der beim LG München I erhobenen Klage Schadensersatz wegen der Kursverluste der Aktien. Zur Begründung führen sie aus, es seien in den Jahren 1998 bis 2001 falsche Unternehmenszahlen insb. im Verkaufsprospekt vom November 1999, in Geschäftsberichten und Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht worden, wodurch die Kläger als Anleger bewusst getäuscht worden seien. Bezüglich der Beklagten zu 1) bis 4) stützen sie ihre Ansprüche auf unerlaubte Handlung, bezüglich der Beklagten zu 5) und 6) auf Vertrauensgrundsätze und § 826 BGB. Die Ansprüche gegen die Beklagte zu 7) leiten sie aus quasi-vertraglicher Haftung und § 826 BGB her.
Die Beklagten zu 6) und 7) haben vor dem LG München I schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vom 30.9.2004 die örtliche Zuständigkeit des LG München I gerügt. Die Kläger haben daraufhin hilfsweise Abtrennung des Verfahrens gegen die Beklagten zu 6) und 7) und Verweisung des Rechtsstreits gegen diese an das LG Frankfurt am Main beantragt. Mit Beschluss vom 11.11.2004 hat das LG München I antragsgemäß das Verfahren gegen die Beklagten zu 6) und 7) abgetrennt und insoweit an das LG Frankfurt am Main verwiesen (LG München I 4 O 1121/05 - LG Frankfurt am Main 2-20 O 36/05). Diese hat zunächst die Akten formlos zurückgesandt mit dem Hinweis darauf, dass aus Gründen der Prozessökonomie die Kläger hätten veranlasst werden müssen, Antrag auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts zu stellen. Die Kläger haben daraufhin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8.3.2005 beantragt, das Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durchzuführen und das Verfahren mit dem ursprünglichen Verfahren wieder zu verbinden. Das LG Frankfurt am Main hat sich mit Beschluss vom 12.4.2005 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit bezüglich der Beklagten zu 6) und 7) an das LG München I zu dem dort rechtshängigen Restverfahren 4 O 1303/04 zurückverwiesen.
Im Verfahren 4 O 1303/04 hat am 24.2.2005 eine Beweisaufnahme stattgefunden, bei der mehrere Zeugen vernommen und ein Teil der Kläger angehört wurde.
II. Das BayObLG hat über den negativen Kompetenzkonflikt der LG München I und Frankfurt am Main und über den Antrag der Kläger auf Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts zu entscheiden (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 6, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO).
1. Zuständig zur Entscheidung in dem abgetrennten Verfahren gegen die Beklagten zu 6) und 7) (LG München I Az. 4 O 1121/05 - LG Frankfurt am Main Az. 2-20 O 36/05) ist das LG Frankfurt am Main, weil es an den Verweisungsbeschluss des LG München I vom 11.11.2004 gebunden ist (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO).
a) Nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO ist ein Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Diese Bindung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 28). Die Bindungswirkung tritt nur ausnahmsweise dann nicht ein, wenn die Verweisung auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder sich so weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt, dass sie im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters und das Willkürverbot des Grundgesetzes nicht hingenommen werden kann (BGH BGHZ 71, 69 [72]; v. 10.12.1987 - I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338 [341] = MDR 1988, 470; BayObLGZ 1986, 285 [287]; BayObLGZ 2003, 187/190; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 281 Rz. 17 [17a]).
b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die in dem Beschluss vom 11.11.2004 ausführlich begründete Auffassung des LG München I, hinsichtlich der Beklagten zu 6) und 7) bestehe dort kein Gerichtsstand, ist jedenfalls nicht willkürlich.
Das LG München I hat insb. geprüft, ob es hinsichtlich der Beklagten zu 6) und 7) nach § 32 ZPO zuständig ist. Es hat diese Frage verneint mit der Begründung, dass der Vortrag der Kläger einzelfallbezogene, schlüssige Darlegungen zum erforderlichen Vorsatz des Beklagten zu 6) nicht enthalte. Auch bezüglich der Beklagten zu 7) könne der Vortrag der Kläger allenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit, nicht aber den des vorsätzlichen Handelns begründen. Für diese bestehe ...