Leitsatz (amtlich)
Ein Gebrauchmachen im Sinne von § 22 Abs. 2 StVG kann auch vorliegen, wenn ein Anhänger lediglich im öffentlichen Verkehrsraum am Straßenrand abgestellt wird.
Normenkette
StVG § 22 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 03.05.2021; Aktenzeichen 15 Ns 704 Js 110452/20) |
Tenor
I.
II.
Die Revision des Angeklagten G..... V......... gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3.5.2021 wird als unbegründet verworfen.
III.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zur Begründung wird auf die zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Antragsschrift vom 4.10.2021 Bezug genommen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der Angeklagte hat den Kraftfahrzeuganhänger, an dessen Heckseite ein nicht für dieses Fahrzeug zugeteiltes Kennzeichen angebracht war, auch dann im Sinne von § 22 Abs. 2 StVG in Gebrauch genommen, wenn er den Anhänger lediglich im öffentlichen Verkehrsraum am Straßenrand abgestellt hat.
Sinn und Zweck des § 22 StVG ist die Sicherstellung der zuverlässigen Halter- und Fahrerfeststellung. Im öffentlichen Interesse und im Interesse möglicher Unfallgeschädigter soll mithilfe des Kennzeichens über die Zulassungsstelle der Fahrzeughalter jederzeit ohne Schwierigkeiten ermittelt werden können (OLG Hamburg NJW 1966, 1827; Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 22 StVG Rn. 1). Dieser Zweck erfordert eine weite Auslegung des Begriffs des Gebrauchmachens im Sinne von § 22 Abs. 2 StVG; das "Gebrauchmachen" geht über das Führen oder Schieben des Kraftfahrzeugs oder des Kraftfahrzeuganhängers (zum Schieben: OLG Köln, NVZ 1999, Seite 341) hinaus und erfasst auch das Abstellen des Kraftfahrzeugs oder des Kraftfahrzeuganhängers am Straßenrand, weil auch von einem in dieser Weise abgestellten Kraftfahrzeug oder Kraftfahrzeuganhänger eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen und auch das Abstellen den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit begründen kann. Der Begriff des "Gebrauchmachens" im Sinne des § 22 Abs. 2 StVG ist daher so auszulegen, wie der Begriff "Gebrauch" in § 10 Abs. 1 AKB, § 2 Abs. 1 KfzPflVV; für jene Vorschriften ist anerkannt, dass der Begriff des Gebrauchs denjenigen des "Betriebs" des Fahrzeugs im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG einschließt, aber noch darüber hinausgeht (BGH, NZV 1995, S. 19; Böhme/Biela/Tomson in: Böhme/Biela/Tomson, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 26. Aufl. 2018, 2. Gebrauch des Fahrzeugs m.w.N.).
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.10.1957- 4 StR 523/57 (NJW 1958, S.151) steht der hier vertretenen Auslegung des Begriffs "Gebrauchmachen" nicht entgegen, da die Entscheidung zu § 248b StGB und nicht zu § 22 Abs. 2 StVG ergangen ist.
Auch der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 23.4.1963, Reg 2 St 649/62 (NJW 1963, S. 1559) betrifft einen anderen Sachverhalt; in der genannten Entscheidung wird ein "Gebrauchmachen" durch denjenigen, der sich als Beifahrer an einer Fahrt beteiligt, verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 14950040 |
ZAP 2022, 182 |
NZV 2022, 202 |
ZfS 2022, 648 |
StRR 2022, 3 |
VRR 2022, 2 |