Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung eines anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs

 

Normenkette

BGB §§ 810, 1256 Abs. 2, § 1936 S. 1, § 1953 Abs. 3 S. 2, § 2081 Abs. 2 S. 2; EGGVG § 23 ff., § 26; GewO § 14 Abs. 7; InsO §§ 4, 129 f., §§ 134, 324 Abs. 1 Nr. 2; WEG § 48 Abs. 1; ZPO § 93b Abs. 1 S. 1, §§ 299, 485 Abs. 2 S. 2, § 882g Abs. 2 Nr. 3

 

Tenor

1. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gewährt.

2. Der Bescheid des Amtsgerichts München vom 12. April 2019 wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird angewiesen, den Antrag des Antragstellers vom 6. Dezember 2018 auf Gewährung von Einsicht in die Akten des Insolvenzverfahrens 1501 IN 3001/17 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Über den Nachlass der Schwester des Antragstellers (im Folgenden: Erblasserin) wurde auf Antrag des Freistaats Bayern als deren Erbe (vgl. § 1936 Satz 1 BGB) das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenzverwalterin machte außergerichtlich gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Zahlung von 29.819,00 EUR geltend, weil sich dieser nach dem Erbfall Kontoguthaben der Erblasserin auszahlen lassen hatte; die vom Antragsteller als Rechtsgrund angeführte Schenkung sei unwirksam, jedenfalls aber sei die Leistung als unentgeltliche gemäß § 134 InsO anfechtbar. Die Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch wegen der Bestattungskosten könne akzeptiert werden, sofern der Antragsteller nachweise, dass er diese selbst getragen habe.

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2018 hat der Antragsteller beantragt, ihm "gemäß § 299 ZPO i. V. mit § 4 InsO" Einsicht in die Akte des Insolvenzverfahrens zu gewähren. Zur Begründung hat er sich zunächst darauf berufen, wegen der Bestattungskosten möglicherweise Nachlassgläubiger zu sein, und später ergänzt, dass der von der Insolvenzverwalterin geltend gemachte Anfechtungsanspruch ein rechtliches Interesse begründe; entgegen der Auffassung der - zu seinem Antrag angehörten - Insolvenzverwalterin stünden auch Interessen der Gesamtgläubigergemeinschaft der Akteneinsicht nicht entgegen, denn eine solche Gemeinschaft bestehe gar nicht, da bislang keine Forderungsanmeldungen vorlägen, wie die Insolvenzverwalterin mitgeteilt habe.

Mit Bescheid vom 12. April 2019 hat das Amtsgericht München die Akteneinsicht versagt. Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller Massegläubiger sei - was mangels Vorlage von Zahlungsnachweisen nicht abschließend beurteilt werden könne -, denn auch Massegläubiger seien nicht Beteiligte i. S. d. § 299 Abs. 1 ZPO, so dass ein Akteneinsichtsrecht nach dieser Vorschrift ausscheide. Ein rechtliches Interesse i. S. d. § 299 Abs. 2 ZPO bestehe nicht; ein Bezug zum Insolvenzverfahren sei nur insoweit gegeben, als der Antragsteller wegen der Verfahrenseröffnung auf der Grundlage der §§ 129 ff. InsO in Anspruch genommen werde, was für die Annahme eines rechtlichen Interesses nicht ausreiche. Ziel der Akteneinsicht sei die Ausforschung, ob sich aus der Insolvenzakte Umstände ergäben, die der Abwehr der von der Insolvenzverwalterin geltend gemachten Anfechtungsansprüche dienen könnten; das Interesse eines Dritten, durch die Akteneinsicht Tatsachen zu erfahren, die es ihm erleichterten, einen Anspruch geltend zu machen oder abzuwehren, der in keinem rechtlichen Bezug zum Prozessgegenstand - Insolvenzverfahren - stehe, genüge für § 299 Abs. 2 ZPO nicht. Die Ausführungen des Antragstellers und der Insolvenzverwalterin zur Interessenabwägung seien ohne Belang, weil schon kein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht worden sei. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung hat angegeben, dass gegen die Verweigerung der Akteneinsicht Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG zum Oberlandesgericht München gestellt werden könne.

Gegen diesen - seinem anwaltlichen Vertreter am 17. April 2019 zugestellten - Bescheid hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16. Mai 2019 beim Oberlandesgericht München, dort am selben Tag eingegangen, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und diesen begründet. Er beantragt, den Bescheid des Amtsgerichts aufzuheben und ihm Akteneinsicht zu gewähren oder die Verpflichtung des Gerichts auszusprechen, ihm Akteneinsicht zu gewähren bzw. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden. Das Oberlandesgericht hat den Antragsteller mit Telefax vom 22. Mai 2019 darauf hingewiesen, dass für Anträge gemäß §§ 23 ff. EGGVG seit dem 1. Februar 2019 das Bayerische Oberste Landesgericht zuständig sei und der Antrag vom 16. Mai 2019 deshalb an dieses abgegeben werde. Mit an das Bayerische Oberste Landesgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. Mai 2019, eingegangen am nächsten Tag, wiederholt der Antragsteller...

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