Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldforderung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 23 C 7218/85) |
LG München I (Aktenzeichen 15 S 1052/86) |
Tenor
Der Anspruch des Mieters von Wohnraum, wegen eines vom Nachbargrundstück ausgehenden Baulärms den Mietzins zu mindern, wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Vermieter als Eigentümer die Lärmbeeinträchtigung ohne Anspruch auf Ausgleichszahlung dulden muß.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind seit 1.4.1980 Mieter, der Beklagte ist Vermieter einer Wohnung im Anwesen … in … Auf einem Nachbargrundstück begannen am 26.6.1985 Bauarbeiten. Die Kläger machen wegen ruhestörenden Baulärms Mietzinsminderung geltend. Sie haben zunächst für den Zeitraum vom 26.6. bis 26.7.1985 auf Mietrückzahlung in Höhe von DM 348,– nebst Zinsen geklagt. Das sind 30 % der Grundmiete von monatlich DM 1.160,–. Für einen weiteren Zeitraum wurde die Klage auf DM 520,– und dann auf DM 928,– nebst Zinsen erhöht.
Die Kläger behaupten, ihre Wohnung sei seit dem 26.6.1985 einem über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Baulärm, insbesondere durch Bagger, Kräne, Sägen und Bohrer ausgesetzt. Sie Legten hierzu eine nach Datum, Dauer und Uhrzeit aufgeschlüsselte „Störungsliste” vor. Sie halten sich zur Mietminderung berechtigt, weil die gemietete Wohnung für die angegebenen Zeiträume in ihrer Gebrauchstauglichkeit herabgesetzt gewesen sei und verlangen Rückerstattung zuviel gezahlten Mietzinses.
Der Beklagte bestreitet, daß die von der Baustelle ausgehenden Geräusche dasjenige Maß übersteigen, welches von Anwohnern als störend empfunden werde. Eine Minderung der Wohnqualität sei nicht eingetreten. Die zulässige Lärmgrenze sei nicht erreicht und der Kläger zu 1 wegen seiner Berufstätigkeit tagsüber nicht beeinträchtigt. Dessen ungeachtet scheitere der Klageanspruch schon daran, daß bei Abschluß des Mietvertrags mit einer Bebauung des Grundstücks habe gerechnet werden müssen. Darüber hinaus sei von den Klägern die Miete bis Juli 1985 nach Beginn der Arbeiten vorbehaltlos bezahlt worden. Schließlich könne der Beklagte von dem Bauherrn nicht verlangen, daß er die Arbeiten einstelle, so daß es unangemessen sei, ihm die Mietminderung zuzumuten.
Die Kläger sind diesen Einwendungen entgegengetreten. Sie haben insbesondere vorgetragen, bei Abschluß des Mietvertrags sei nicht erkennbar gewesen, daß das benachbarte Grundstück in absehbarer Zeit neu bebaut werde; außerdem sei die volle Miete unter Vorbehalt der Minderung gezahlt worden.
Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen. Es hat unterstellt, daß der Vortrag der Kläger einen Fehler der Mietsache begründe, den Anspruch aber „nach den Grundsätzen von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB” aus folgendem Grund für ausgeschlossen gehalten: Dem Beklagten stünden gegen den Baulärm keine Abwehrmöglichkeiten aus § 906 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB zur Verfügung, weil es sich um eine ortsübliche Bebauung handle. Die Beklagten hätten nicht vorgetragen, daß bei Planung und Durchführung der Arbeiten kein Bedacht darauf genommen worden sei, die Störung auf ein Mindestmaß herabzusetzen. Insbesondere sei nicht behauptet, daß die Einwirkungen eine Benutzbarkeit der Mieträume in einem Maße beeinträchtigt hätten, die den Rahmen des § 906 BGB überschreite. Wegen eines fehlenden Ausgleichsanspruchs des beklagten Vermieters aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB stehe auch den Klägern als Mieter kein Minderungsanspruch aus § 537 BGB zu. Das Amtsgericht hat ausdrücklich den Ausschluß eines Gewährleistungsanspruchs auf Grund des § 539 BGB verneint.
Die Kläger haben Berufung eingelegt und den Klageanspruch im zweiten Rechtszug weiter erhöht, weil die Bauarbeiten bis einschließlich April 1986 fortgesetzt wurden. Der Beklagte bestreitet nach wie vor, daß von der Baustelle ein wohnwertmindernder Baulärm ausgegangen sei. Die Kläger meinen, der Beklagte habe Ansprüche aus § 906 Abs. 2 BGB und behaupten unter Beweisantritt, daß der Beklagte von dem Bauherrn eine Kaution von DM 50.000, – für Grundstücks – schäden und Mietminderung erhalten habe. Demgegenüber trägt der Beklagte vor, daß er die Kaution nur für den Fall verlangt habe, daß die Baugrube wegen einer Tiefgarage sein Grundstück beschädigen würde. Dies sei aber unterblieben, weil der Bau mit Spundwänden abgesichert worden sei.
Dar, Landgericht hat mit Beschluß vom 17.9.1986 zum Rechtsentscheid folgende frage vorgelegt:
„Kann bei Wohnraummiete der Mieter den Mietzins mindern, wenn von einem benachbarten Grundstück erheblicher Baulärm ausgeht, den der Eigentümer des Mietgrundstückes nach § 906 II BGB dulden muß, ohne eine Entschädigung verlangen zu können?”
In einer den Parteien mitgeteilten Verfügung des Vorsitzenden vom 25.7.1986 wird darauf hingewiesen, es werde nicht als entscheidungserheblich angesehen, daß bei Abschluß des Mietvertrags die Bebauung des Nachbargrundstücks für die Kläger nicht vorhersehbar gewesen sei; es komme nicht darauf an, ob auf einem anderen benachbarten Grundstück mit einem Bau habe gerechnet werden müssen.
Entscheidungsgründ...