Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsordnungswidrigkeit
Verfahrensgang
AG Schweinfurt (Urteil vom 27.02.1989) |
Tenor
I. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Schweinfurt vom 27. Februar 1989 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Am 27.2.1989 verhängte das Amtsgericht Schweinfurt gegen den Betroffenen wegen vier rechtlich zusammentreffender fahrlässig begangener Verkehrsordnungswidrigkeiten gemäß § 18 Abs. 1, § 57a Abs. 3, § 32 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 69a Abs. 3 Nr. 3, Nr. 25 a und Nrn. 2 und 26 StVZO, § 24 StVG, § 19 OWiG, § 25 StVG eine Geldbuße von 500 DM. Dem Betroffenen wurde für die Dauer von einem Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.
Nach den Feststellungen des Urteils ist der Betroffene, der in der Zeit von Mitte Mai 1984 bis Ende Oktober 1987 achtmal wegen Verkehrsverstößen verurteilt wurde – sie sind in der angefochtenen Entscheidung aufgeführt – selbständiger Schausteller. Er betreibt ein Fahrgeschäft und Spielautomaten. Am 9.9.1988 führte der Betroffene den Lastzug mit dem amtlichen Kennzeichen …- Zugfahrzeug und Anhänger je 16 t zulässiges Gesamtgewicht – auf öffentlichen Straßen bei … mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 km/h – bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit über 40 km/h –. Der nicht zugelassene Anhänger, der im Schaustellergewerbe eingesetzt war, hätte nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h zulassungsfrei gezogen werden dürfen. Die Gesamtlänge des Zuges betrug 19,10 m, anstelle der erlaubten 18 m. In dem 2-Mann-Kontrollgerät der Marke … der Zugmaschine war das nicht ausgefüllte Schaublatt vom Vortag eingelegt. Darüber hinaus fehlte das vorgeschriebene Fabrikschild am Lastzug. Bei der Anwendung der im Verkehr erforderlichen und dem Betroffenen auch zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt hätte er erkennen können und müssen, daß bei Überschreitung einer Geschwindigkeit von 25 km/h auch der Schaustellerwagen zulassungspflichtig war und daß der Zug die zulässige Gesamtlänge um 1,10 m überschritt, ferner, daß das Kontrollgerät nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und daß das Fabrikschild fehlte.
Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
Der Betroffene ist der Ansicht, er sei zu Unrecht wegen einer Zuwiderhandlung nach § 57a Abs. 3 Satz 2, § 69a Abs. 3 Nr. 25 a StVZO schuldig gesprochen worden; diese Vorschriften seien auf Beförderungen im Schaustellergewerbe nicht anwendbar.
Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen. Es ist zwar richtig, daß § 57a StVZO gegenüber den Regelungen der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und Nr. 3821/85 nur subsidiär gilt. Die Subsidiarität läßt solche Gesetze zurücktreten, die nur hilfsweise gelten sollen, falls nicht schon andere Gesetze diese Materie regeln. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die VO (EWG) Nr. 3821/85 bestimmt zwar in Art. 3, in welchen Fällen ein EWG-Kontrollgerät eingebaut und benützt werden muß und in welchen Fällen dies nicht erforderlich ist. Aus Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 i.V.m. Art. 4 Nr. 9 VO (EWG) Nr. 3820/85 ergibt sich, daß die EWG-Sozialvorschriften auf Fahrzeuge, die für Beförderungen im Zirkus- oder Schaustellergewerbe verwendet werden, nicht anwendbar sind. Dies bedeutet aber nicht, daß dadurch zugleich die Anwendbarkeit des § 57a StVZO ausgeschlossen ist.
Die VO (EWG) Nr. 3821/85 dient, wie sich aus der Präambel dieser Vorschrift ergibt, vor allem der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der VO (EWG) Nr. 3820/85. Gelten die Sozialvorschriften der VO (EWG) Nr. 3820/85 für bestimmte Beförderungen nicht, so besteht auch keinerlei Veranlassung für den Einbau und die Benutzung von Geräten, die nur der Überwachung und Einhaltung der Sozialvorschriften dienen. Art. 4 der VO Nr. 3820/85 bestimmt nicht etwa, daß die dort angeführten Beförderungen von der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr befreit sind, sondern nur, daß die Verordnung nicht für Beförderungen mit den dort angeführten Fahrzeugen gilt. In diesen Fällen wurde also eine Gemeinschaftsregelung nicht für erforderlich erachtet und damit der sachliche Geltungsbereich der EWG-Sozialvorschriften eingegrenzt (BayObLG NZV 1988, 156; OLG Köln VM 1988, 54; Der Bundesminister für Verkehr VKBl. 1987, 724; Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 30. Aufl. StVZO § 57a Rn. 4; Hein/Eichhoff/Pukall/Krien Güterkraftverkehrsrecht Kz § 110 VO (EWG) Nr. 3820 Art. 4 Anm. 1; Lüttkes/Meier/Wagner Straßenverkehr Kz 19 VO (EWG) Nr. 3820/85 Art. 4 Anm. 10 und 13; Wann Lenk- und Ruhezelten im Straßenverkehr VO (EWG) Nr. 3820/85 Art. 4 Anm. 2; Neubauer/Kürmeier Arbeitszeit und Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr S. 5; Barth/Wehrmeister StVZO – Stand 31.10.1987 – § 57a Anm. 1 und 2; Mindorf DAR 1986, 350; Gerlach/Mergenthaler Kraftverkehrskontrolle – Stand 15.2.1989 – VO (EWG) Nr. 3820/85 Art...