Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Auslegung eines Eigentümerbeschlusses sowie Nachholung der formellen Beteiligung aller Eigentümer durch das Rechtsbeschwerdegericht
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 433/97) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR 36/96) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 17. August 1999 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf jeweils 15 000 DM festgesetzt. Die Entscheidung des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragsgegnern gehört eine Dachwohnung; der Antragsteller ist Eigentümer der darunterliegenden Wohnung. Im Bereich der Wohnung der Antragsgegner sind auf der Ost- und Westseite des Dachs Dachflächenfenster aus jeweils einer Glasfläche eingebaut.
Die Wohnungseigentümer beschlossen am 15.3.1994, daß dem Antrag der Antragsgegner auf Einbau „eines weiteren Dachflächenfensters” zugestimmt werde.
Die Antragsgegner bauten auf der Ostseite des Daches ein zusätzliches Dachflächenfenster ein, das größer als die beiden vorhandenen Fenster ist und aus zwei Glasflächen besteht. Auf der Westseite des Daches vergrößerten sie die beiden dort vorhandenen Dachflächenfenster und bauten ein weiteres Dachfenster ein. Außerdem nahmen sie in ihrer Wohnung die Trennwände zu den Dachabseiten heraus und brachten auf den dadurch dazugewonnenen Flächen, durch die Wohn- und Schlafzimmer vergrößert wurden, Tapeten, Parkettboden, Rigipsplatten und Dämmaterial an.
Am 1.4.1996 lehnten die Wohnungseigentümer den Antrag des Antragstellers ab, die Antragsgegner zu verpflichten, das Dachflächenfenster auf der Ostseite der Wohnung zu entfernen. Am 17.3.1997 fand der Antrag auf Beseitigung der beiden zusätzlichen Dachflächenfenster keine Mehrheit.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, geeignete Maßnahmen gegen die durch die Umbauten verursachte Lärmbelästigung zu treffen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 3.2.1997 den Antrag abgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat er beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die Wände zu den Dachabseiten entsprechend dem Aufteilungsplan wiederherzustellen und die baulichen Veränderungen hinter diesen Wänden bis zur Dachabschlußinnenseite zu entfernen. Außerdem hat er beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, das auf der Ostseite vergrößerte Dachflächenfenster soweit zu verringern, daß es nicht größer ist als die übrigen auf der Ostseite befindlichen Dachfenster. Schließlich hat er beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die auf der Westseite befindlichen Dachfenster im Bereich Wohnen und Schlafen so zu verringern, daß die Fläche der übrigen auf der Westseite befindlichen Dachfenster nicht überschritten wird. Letztlich hat er beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, das auf der Westseite des Daches zusätzlich eingebaute Dachfenster zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Das Landgericht hat am 17.8.1999 die Anträge unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an dieses.
Gegenstand des Verfahrens sind die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG. An diesem Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Sie müssen daher auch formell am Verfahren beteiligt werden. Ein Fall, in dem dies ausnahmsweise nicht erforderlich wäre, weil die Rechte anderer Wohnungseigentümer nicht berührt werden (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 660), liegt nicht vor.
Der in der unterlassenen Beteiligung liegende Verfahrensmangel führt nicht in jedem Fall zwingend zur Aufhebung und zur Zurückverweisung. Wenn nach dem Sach- und Streitstand eine weitere Sachaufklärung weder notwendig noch auch nur zu erwarten ist und damit die förmliche Beteiligung nur der Gewährung rechtlichen Gehörs dient, kann sie auch vom Rechtsbeschwerdegericht nachgeholt werden (BGH FGPrax 1998, 15/16). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer weitere Ermittlungen notwendig werden. Im übrigen bedarf es zunächst der Ermittlung der übrigen Wohnungseigentümer und deren Anschrift.
Dem Senat erscheint es daher geboten, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und die Sache an dieses zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Re...