Leitsatz (amtlich)

Streiten die Beteiligten um die geringfügige Überbauung einer Sondernutzungsfläche mit einem Zaun, so ist bei der Bestimmung des Werts der weiteren Beschwerde von dem Bodenrichtwert ein deutlicher Abschlag (hier ca. 50 %) zu machen, wenn die Überbauung mit dem Auge kaum feststellbar ist und den Sondernutzungsberechtigten nicht merklich beeinträchtigt.

 

Normenkette

WEG § 45 Abs. 1; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 15.07.2004; Aktenzeichen 1 T 3450/04)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 914/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I v. 15.7.2004 wird verworfen.

II. Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus einem Einzelhaus und einem Doppelhaus besteht. Den jeweiligen Eigentümern sind an Grundstücksfreiflächen Sondernutzungsrechte eingeräumt.

Der Antragsteller errichtete zur Abgrenzung seiner Sondernutzungsfläche von derjenigen der Antragsgegner einen Zaun. Mit Beschluss v. 20.8.1999 verpflichtete das LG den Antragsteller, den auf der Sondernutzungsfläche der Antragsgegner errichteten Holzpalisadenzaun zu entfernen und die Sondernutzungsgrenze einzuhalten. Das AG ermächtigte am 24.9.2001 die Antragsgegner zur Ersatzvornahme und verpflichtete den Antragsteller zur Zahlung eines Kostenvorschusses i.H.v. 1.788 DM.

Der Antragsteller hat mit der Behauptung, seine Verpflichtung erfüllt zu haben, Vollstreckungsabwehrantrag gestellt. Das AG hat mit Beschluss v. 28.1.2004 die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des LG v. 20.8.1999 und dem Beschluss des AG v. 24.9.2001 für unzulässig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das LG am 15.7.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.

II. Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen.

1. Nach § 45 Abs. 1 WEG ist die sofortige weitere Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Gegenstands der weiteren Beschwerde 750 Euro übersteigt. Maßgebend für die Wertbemessung ist das vermögenswerte Interesse des einzelnen Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Auf den Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 WEG kommt es nicht an (einhellige Meinung; vgl. z.B. BayObLG NZM 2000, 1240).

a) Den Wert des Vollstreckungsabwehrantrags in der Hauptsache bemisst der Senat mit 200 Euro.

Dabei geht der Senat entsprechend der Berechnung der Antragsgegner im Schriftsatz v. 12.11.2004 von einer überbauten Grundstücksfläche von 0,64 m2 aus. Die neue Berechnungsweise der Antragsgegner in den Schriftsätzen v. 15. und 26.12.2004 vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Insbesondere kann hinsichtlich der überbauten Fläche nicht von der größten Flächenüberbauung (den Tellern) ausgegangen werden, da sich diese nicht auf die gesamte Zaunlänge erstreckt. Die Antragsgegner setzen sich mit dieser Annahme nicht nur in Widerspruch zu den Feststellungen des LG, bei deren Zugrundelegung sich eine noch kleinere überbaute Fläche ergeben würde, sondern sie setzen sich auch in Widerspruch zu ihrem eigenen früheren Sachvortrag, insb. im Schriftsatz v. 12.11.2004.

Bei der Bemessung des Werts des nach der Behauptung der Antragsgegner überbauten Sondernutzungsteils geht der Senat von dem von den Antragsgegnern mitgeteilten Bodenrichtwert für unbebaute Grundstücke von 639,11 Euro aus. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner ist dieser Wert jedoch nicht deshalb zu erhöhen, weil das Grundstück bebaut und voll erschlossen ist. Vielmehr ist dieser Wert deutlich, und zwar nach Schätzung des Senats um rund die Hälfte herabzusetzen. Von der Bebauung und der Erschließung hat der schmale überbaute Grundstücksstreifen keinen Nutzen. Er ist auch offensichtlich selbständig nicht bebaubar. Für die eventuelle weitere Bebauung des Grundstücks spielt es keine Rolle, wo der Zaun steht, da hierfür das Gesamtgrundstück und nicht die einzelne Sondernutzungsfläche maßgebend ist. Außerdem geht es bei dem Grundstücksstreifen nicht um ein Alleineigentum, sondern nur um ein Sondernutzungsrecht. Eine Überbauung von insgesamt 0,64 m2 auf einer Gesamtlänge von 20 Metern mit einer von den Antragsgegnern im Schriftsatz v. 27.8.2004 selbst vorgetragenen maximalen Überbauung von 4,5 cm ist in der Natur kaum wahrnehmbar. Dass die Antragsgegner in der Nutzung der ihnen zugewiesenen Fläche wirtschaftlich oder in sonstiger Weise nennenswert beeinträchtigt sind, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Das Gericht bemisst deshalb den Wert der Beschwer für die Hauptsache mit 200 Euro (639,11 Euro × 0,64 m2: 2 gerundet auf 200 Euro).

b) Zu berücksichtigen ist zusätzlich, dass das AG die Vollstreckungsmaßnahme aufgehoben und das LG die Beschwerde auch insoweit zurückgewiesen hat. Für die Bemessung des Beschwerdewerts kommt es insoweit nicht auf...

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