Entscheidungsstichwort (Thema)
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts für Ergänzungspfleger. Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrages mit einem Minderjährigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ergänzungspfleger bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gemäß § 1822 Nr. 3 BGB, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf lange Dauer errichtet wird, um gewerblich nutzbare Immobilien von erheblichem Wert zu verwalten, zu vermieten und zu verwerten. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung an der zu errichtenden Familiengesellschaft bürgerlichen Rechts unentgeltlich erfolgt.
2. Das Vormundschaftsgericht hat dabei ausschließlich das Wohl und die Interessen des Pfleglings (Kindes/Mündels) zu berücksichtigen, nicht die Belange der Eltern oder Dritter.
Normenkette
BGB § 1822 Nr. 3, § 705; FGG § 12; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 431/96) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen VIII 174/95) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 31. Juli 1996 werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die in den Jahren 1981 und 1983 ehelich geborenen Geschwister (Beteiligte zu 1 und 2) wenden sich – vertreten durch ihre Ergänzungspfleger – gegen die Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zu einem Gesellschaftsvertrag.
Der Vater der Minderjährigen ist Eigentümer eines Wohnhausgrundstücks mit Tiefgarage und Garten, das laut Grundbuchauszug mit Grundschulden von über 7 Mio. DM belastet ist, außerdem von drei Eigentumswohnungen, für welche (abgesehen von einem Vorkaufsrecht) in den Abteilungen II und III des Grundbuchs keine Rechte eingetragen sind. Dieser Grundbesitz soll gemäß notarieller Urkunde vom 28./29.12.1995 in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebracht werden, bestehend aus den Eltern mit einer Beteiligung von jeweils 5% und den Beteiligten zu 1 und 2 von jeweils 45%. Gegenstand der Gesellschaft soll der Erwerb und das Verwalten, die Erhaltung und Erneuerung von Familiengrundbesitz und grundstücksgleichen Rechten sowie die Bildung von Privatvermögen aller Art, z.B. durch Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen sein (§ 2 des Gesellschaftsvertrages, nachfolgend: GesV). Die Minderjährigen sollen ihre Gesellschaftsbeteiligung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge „unentgeltlich, schenkungsweise” erhalten, jedoch mit der Auflage, daß sie sich den Wert der Zuwendung jeweils auf ihre Pflichtteilsansprüche am Nachlaß des Vaters anrechnen zu lassen haben (Nr. IV 2 der Urkunde, nachfolgend: Urk.).
Die für jeden Gesellschafter einzurichtenden Festkapitalkonten sollen für den Vater 60.000 DM, für die Mutter 20.000 DM und für die beiden Minderjährigen jeweils 10.000 DM betragen (§ 4 GesV). Die Überschußbeteiligung – analog Verlustzuweisung – soll für die Eltern jeweils mit einer Quote von 5% und für die Minderjährigen von jeweils 45% erfolgen. Beschlüsse der Gesellschafter sollen mit einfacher Mehrheit aller Stimmen gefaßt, die Stimmrechte wie folgt verteilt werden: der Vater 60, die Mutter 20 und die Kinder jeweils zehn Stimmen (§ 13 Abs. 2 GesV). Änderungen des Gesellschaftsvertrages können gemäß § 13 Abs. 3 nur einstimmig erfolgen.
Die Erwerber sollen sämtliche in Abteilung II und III des Grundbuchs eingetragenen Belastungen zur ferneren dinglichen Haftung übernehmen. Soweit Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung, Erneuerung oder Unterhaltung von eingebrachten Gebäuden entstehen, sollen diese aus dem Ertrag des eingebrachten Vermögens zu tilgen und zu verzinsen sein. Die Gesellschaft soll diesen Verbindlichkeiten als mit der Haftung auf ihr Vermögen beschränkter Schuldner beitreten. Soweit der Grundbesitz im Zeitpunkt der Einbringung vermietet oder verpachtet ist, sollen die Erwerber die Miet- und Pachtverhältnisse sowie von da an alle Verpflichtungen aus den Mietverhältnissen übernehmen (Nr. II Urk.). Gemäß Nr. V Urk. verpflichten sich die Eltern gegenüber ihren Kindern, diese von allen aus dem Gesellschaftsvertrag und mit der Beteiligung verbundenen Verpflichtungen in umfassender Weise so freizustellen, „daß die Kinder nur Vorteile jedoch keine Nachteile aus der Beteiligung an der Gesellschaft haben.”
Nach dem Gesellschaftsvertrag soll der jeweils an Jahren älteste Gesellschafter allein die Geschäfte der Gesellschaft führen und diese vertreten. Zum ersten Geschäftsführer wird der Vater bestimmt. Dieser „hat” gemäß § 12 Abs. 1 GesV bei allen rechtsgeschäftlichen Erklärungen namens der Gesellschafter mit den Vertragspartnern ausdrücklich zu vereinbaren, daß die Haftung der Gesellschafter auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt ist; diese Haftungsbeschränkung soll allgemein und in jedem einzelnen Vertretungsfall in erforderlicher Weise kundgetan werden.
Die Gesellschaft soll von jedem Gesellschafter unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals jedoch zum Ende des fünften Jahres nach dem Ableben des Längstlebenden der Ehegatten ordentlich gekündigt...