Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostensache
Leitsatz (amtlich)
Eine Hofstelle setzt eine für die bäuerliche Familie geeignete Wohnung voraus.
Normenkette
KostO § 19 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Regensburg (Aktenzeichen 3 T 644/00) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 11. April 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der beteiligte Notar beurkundete am 29.6.2000 die Übergabe zahlreicher landwirtschaftlicher Grundstücke von den Eltern (Beteiligte zu 2 und 3) an ihren Sohn (Beteiligter zu 1). Ausgenommen wurde „eine Teilfläche von ca. 1.786 m² … mit den darauf befindlichen Wohnhäusern H. Straße 16 und 18”. Als Gegenleistung versprach der Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 und 3 eine Leibrente von 1.000 DM monatlich, lebenslange Wart und Pflege, Tragung der Beerdigungskosten sowie dauernde Grabpflege. In der Urkunde wurde die Auflassung der Grundstücke an den Beteiligten zu 1 erklärt.
Der beteiligte Notar verlangte mit Kostenrechnung vom 29.6.2000 für die Beurkundung 11.597,45 DM vom Beteiligten zu 1. Er legte dabei einen Verkehrswert der Grundstücke von 2.541.742 DM zugrunde. Den Wert der Gegenleistungen von 196.000 DM ließ er, da niedriger als der Wert der Grundstücke, unberücksichtigt.
Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1. Er meint, daß der übergebene Grundbesitz aufgrund des Landwirtschaftsprivilegs niedriger zu bewerten sei. Der Notar beantragte die Entscheidung des Landgerichts.
Das Landgericht hat die Einwendungen des Betroffenen durch Beschluß vom 11.4.2001 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde.
II.
1. Die weitere Beschwerde wurde vom Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO). Sie ist auch im übrigen zulässig (§ 156 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 KostO).
2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, § 550 ZPO).
a) Gegenstand der weiteren Beschwerde ist lediglich die Frage, ob das Landwirtschaftsprivileg des § 19 Abs. 4 KostO bei der Bewertung des beurkundeten Rechtsgeschäfts anwendbar ist. Darüber hinausgehende Beanstandungen enthält die weitere Beschwerde nicht (vgl. BayObLGZ 1969, 20/22).
b) Die Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO sieht für Geschäfte, welche die Fortführung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit Hofstelle betreffen, die Bewertung des land- oder forstwirtschaftlichen Vermögens nach dem Vierfachen des letzten Einheitswerts vor. Die mit dieser Bestimmung verfolgte agrarpolitische Zielsetzung besteht darin, eine frühzeitige Regelung der Hofnachfolge zu fördern und der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe zu dienen, die vielfach seit Generationen in der Hand bäuerlicher Familien geführt werden (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes des Bundesrates BT-Drucks. 11/2343 S. 6 rechte Spalte unten). Da die Vorschrift durch die mit ihr verbundene Gebührenermäßigung die Freiheit der Berufsausübung der Notare berühren kann, ist aus verfassungsrechtlichen Gründen eine eng an diesem Zweck orientierte Auslegung geboten (BayObLGZ 1992, 231/233 m.w.N.). Die Anwendung der Bestimmung verlangt daher, daß, auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen eine zeitliche Aufspaltung des Übertragungsvorgangs zulässig sein mag, jedenfalls zu Beginn der Übergabe bei dem übergebenden Teil ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb einschließlich Hofstelle im Sinn von § 19 Abs. 4 KostO vorhanden ist und nach Abschluß der Übergabe dem übernehmenden Teil eine solche vollständige Wirtschaftseinheit auf Dauer zur Verfügung steht (vgl. BayObLG FGPrax 2000, 210/211). Nur dann kann von einer Erhaltung und Fortführung des Betriebes in der Person des Übernehmers gesprochen werden, wie sie der Zielsetzung des § 19 Abs. 4 KostO entspricht.
§ 19 Abs. 4 KostO ist nach seinem zur Klarstellung ausdrücklich so gefaßten Wortlaut (vgl. BT-Drs. 11/2343 S. 7) nur anwendbar, wenn zu dem übergebenen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb eine Hofstelle gehört. Eine solche Hofstelle setzt neben Wirtschaftsgebäuden auch eine Wohnung für die bäuerliche Familie in dem Betrieb voraus (vgl. Beschluß des Senats vom 18.11.1998 – 3Z BR 50/98; BayObLGZ 1992, 231/234; BayObLG FGPrax 2000, 210/211). Die Begründung des Gesetzesentwurfs des Bundesrates (vgl. BT-Drucks. aaO) belegt dies ebenso eindeutig wie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1 Abs. 1 HöfeO (vgl. BGHZ 8, 109/115; BGH MDR 1951, 728/729) oder zu § 9 Abs. 2 NdsRVG, wonach das Wohnhaus bei natürlicher Betrachtung den Mittelpunkt der Hofstelle bildet (vgl. BGH NJW-RR 1998, 1627/1629).
c) Hier sind die ursprünglich zum Betrieb gehörenden Wohnräume, wie das Landgericht verfahrensfehlerfrei und im Einklang mit dem Akteninhalt festgestellt hat, nicht mit übergeben worden, ihre Übergabe an den Beteiligten zu 1 ist auch nicht beabsichtigt. Daher kommt das Landwirtschaftsprivileg des § ...