Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Frage, ob und in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger eine Vergütung zusteht, richtet sich gemäß § 1960 Abs. 2, § 1915 Abs. 1 BGB nach § 1836 BGB, und zwar, jedenfalls soweit die Zeit nach dem 1.1.1992 betroffen ist, nach der neuen Fassung dieser Vorschrift durch Art. 1 Nr. 39 BtG.
Normenkette
BGB §§ 1836, 1915 Abs. 1, § 1960 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 01.03.1993; Aktenzeichen 16 T 3139/93) |
AG München (Beschluss vom 29.12.1992; Aktenzeichen 92 VI 9733/91) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 1. März 1993 und des Amtsgerichts München vom 29. Dezember 1992 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht München zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Der am 1990 verstorbene Erblasser war zuletzt in einem Altenheim untergebracht. Die Kosten der Unterbringung wurden von der Sozialhilfe getragen. Im Zeitpunkt seines Todes war Geldvermögen in zunächst nicht näher bekannter Höhe vorhanden.
Mit Beschluß vom 9.10.1991 ordnete das Nachlaßgericht Nachlaßpflegschaft mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Ermittlung der Erben an und wählte den Beteiligten als Nachlaßpfleger aus. Dieser nahm das Amt am 14.10.1991 an. Die Pflegschaft ist bisher nicht aufgehoben.
Der Beteiligte ermittelte in der Folgezeit einen Sohn und eine Tochter eines Onkels des Erblassers väterlicherseits als gesetzliche Erben. Beide ermittelten Erben sowie ein Abkömmling der Tochter haben inzwischen die Erbschaft ausgeschlagen. Ob weitere Erben, insbesondere Verwandte der Mutter des Erblassers, vorhanden sind, konnte bisher nicht festgestellt werden. Der Beteiligte erstellte ferner eine Erbschaftsteuererklärung, ein Nachlaßverzeichnis, einen Tätigkeitsbericht sowie Abrechnungen für die Jahre 1991 und 1992, von denen die letzte per 31.12.1992 einen Reinnachlaß von 5.442,27 DM auswies.
Auf Anfrage des Nachlaßgerichts teilte der Sozialhilfeträger mit, daß er die Kosten der Heimunterbringung in Höhe von 68.848,60 DM getragen habe und Ansprüche auf den Nachlaß geltend mache. Gegen die Anweisung des Nachlaßgerichts, den verbleibenden Nachlaß im Hinblick auf diese Mitteilung an den Träger der Sozialhilfe auszukehren und Gerichtskosten für eine im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens angefallene eidesstattliche Versicherung aus dem Nachlaß zu begleichen, erhob der Beteiligte Einwendungen.
Mit Schreiben vom 9.4.1992 hat der Beteiligte beantragt, ihm eine Vergütung in Höhe von 970 DM zuzüglich Mehrwert steuer zu bewilligen. Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 29.12.1992 unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer eine Vergütung von 310 DM festgesetzt und die Entnahme dieses Betrages genehmigt. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte Erinnerung eingelegt, der weder der Rechtspfleger noch der Nachlaßrichter abgeholfen haben. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluß vom 1.3.1993 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel des gemäß § 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG als Nachlaßpfleger beschwerdeberechtigten (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 861) Beteiligten ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Dem Beteiligten sei grundsätzlich eine Vergütung zu gewähren. Für deren Angemessenheit sei zunächst vom Umfang des Aktivvermögens auszugehen. Im übrigen komme es wesentlich auf den zeitlichen Aufwand sowie Bedeutung und Schwierigkeit der entfalteten Tätigkeit und auf die Verbindlichkeiten an. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren erscheine eine Vergütung von 310 DM angemessen. Dies entspreche 4,05 % des Aktivnachlasses, was als Orientierungshilfe herangezogen werden könne. Berücksichtigt seien weiter die einzelnen Tätigkeiten des Beteiligten, andererseits aber auch, daß die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses angesichts des Nachlaßbestandes (Bargeld und Bankkonten) keine Schwierigkeiten aufgewiesen habe. Die Dauer der Pflegschaft falle deshalb nicht entscheidend ins Gewicht. Der Beteiligte habe eine gesetzliche Erbin nicht ermittelt. Auch sei das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs gegen den Nachlaß in Höhe von 68.848,60 DM zu berücksichtigen gewesen. Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers ergebe sich nicht, daß er in größerem Umfang mit Vormundschaften und/oder Pflegschaften betraut sei, so daß eine höhere Vergütung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten sei.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.
a) Die Frage, ob und in welcher Höhe dem Nachlaßpfleger eine Vergütung zusteht, richtet sich gemäß § 1960 Abs. 2, § 1915 Abs. 1 BGB nach § 1836 BGB, und zwar, jedenfalls soweit die Zeit nach dem 1.1.1992 betroffen ist, nach der neuen Fassung dieser Vorschrift durch Art. 1 Nr. 39 BtG. Gemäß dem durch die Änderung nicht berührten § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Nachlaßpfleger sein Amt grundsätzl...