Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Mehrheitsbeschluss zur Bepflanzung einer Gartensondernutzungsfläche mit Seeblick

 

Verfahrensgang

AG Starnberg (Aktenzeichen UR II 28/90)

LG München II (Aktenzeichen 6 T 2073/90)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 7. November 1991 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts Starnberg vom 11. Dezember 1990 wird zurückgewiesen, soweit der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 24. August 1990 abgewiesen wurde.

III. Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage auf einem Hanggrundstück am Starnberger See. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin. An der vor ihrer Erdgeschoßwohnung Nr. 4 liegenden Grundstücksfläche ist den Antragstellern das Sondernutzungsrecht eingeräumt; auf dieser Fläche steht eine vor dem Jahr 1975 gepflanzte Blautanne.

§ 5 Abs. 7 der als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) lautet:

Den Eigentümern der Wohnungen Nr. 1, 2, 3 und 4 des Aufteilungsplans werden die … gekennzeichneten Grundstücksflächen, sofern nachfolgend nicht eingeschränkt, zur ausschließlichen Nutzung überlassen.

Es gelten dabei folgende Einschränkungen:

  1. Bei der Nutzung ausgeschlossen ist die Anpflanzung von Gemüse aller Art, die Anpflanzung von Kletter- und Schlinggewächsen an der Hauswand, jegliche Kleintierhaltung, sowie jegliche Nutzung als Lagerplatz oder dergleichen.

Am 12.4.1975 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 5:

a) Die Bepflanzung des steileren Hangteiles bei den Sondernutzungsrechten (Grundstücksstreifen vor den Erdgeschoßwohnungen) und dem Mittelstück, das gemeinschaftlich zu pflegen ist, soll möglichst gestalterisch aufeinander abgestimmt werden. Es dürfen keine hohen Bäume gepflanzt werden, die später die Sicht nehmen. …

Am 24.8.1990 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 3 mit Stimmenmehrheit:

Zur nochmaligen Bekräftigung des Beschlusses zu TOP 5 a der Eigentümerversammlung vom 12.04.75 wird erneut darauf hingewiesen, daß im Bereich der Sondernutzungsflächen und dem Mittelstück, das gemeinschaftlich zu pflegen ist, keinerlei Pflanzen gesetzt oder gehalten werden dürfen, die derzeit oder in Zukunft geeignet sind, den freien Blick der übrigen Wohnungseigentümer auf den Starnberger See zu beeinträchtigen.

Die Antragsteller haben beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 24.8.1990 zu TOP 3 für ungültig zu erklären; hilfsweise haben sie beantragt festzustellen, daß sie entgegen diesem Eigentümerbeschluß nicht verpflichtet sind, die auf ihrer Sondernutzungsfläche stehende Blautanne zu entfernen.

Das Amtsgericht hat am 11.12.1990 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 7.11.1991 den Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Verwalterin.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet; es führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses, soweit der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses abgewiesen wurde, ferner zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über den Hilfsantrag.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der angefochtene Eigentümerbeschluß müsse für ungültig erklärt werden, weil er nur einstimmig hätte gefaßt werden können. In § 5 Abs. 7 GO sei von einem Verbot der Anpflanzung von Bäumen, insbesondere einer Blautanne, ausdrücklich nicht die Rede. Durch die Regelung der Gemeinschaftsordnung solle einer schrebergartenähnlichen Nutzung der Sondernutzungsflächen vorgebeugt werden, nicht aber ein parkähnlicher oder landschaftseingebundener Charakter der Wohnanlage verhindert werden. Weil die Gemeinschaftsordnung die Anpflanzung von Bäumen nicht verbiete, stelle der Eigentümerbeschluß eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung dar, die der Einstimmigkeit bedurft hätte.

Der Mehrheitsbeschluß reiche auch im Hinblick auf den bestandskräftigen Eigentümerbeschluß vom Jahr 1975 nicht aus. Dieser beziehe sich ausdrücklich nur auf den steilen Hangteil, nicht dagegen auf den flachen Teil vor den jeweiligen Erdgeschoßwohnungen, wo die Blautanne stehe. Der Beschluß vom Jahr 1990, der erheblich weiter reiche als der vom Jahr 1975, könne daher weder allein noch im Zusammenhang mit dem Beschluß vom Jahr 1975 Grundlage sein für die Entfernung der Blautanne.

Das Verlangen der Antragsteller sei nicht rechtsmißbräuchlich. Denn die Wohnungseigentümer hätten den Wuchs der Blautanne von 1975 bis zum Jahr 1990 geduldet, obwohl bekannt sei, daß Bäume wachsen und eines Tages die Sicht beschränken können. Zwar sei eine Sich...

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